Anforderungen an den Erbscheinsantrag eines Gläubigers

Juni 13, 2025

Anforderungen an den Erbscheinsantrag eines Gläubigers

OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.1.2025 – 3 W 75/24

RA und Notar Krau

Es geht um die Frage, welche Anforderungen ein Gläubiger erfüllen muss, wenn er einen Erbschein beantragen möchte. Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das die Erben und ihren Erbteil ausweist. Gläubiger benötigen ihn oft, um ihre Forderungen gegenüber dem Nachlass durchzusetzen.


Was ist ein Erbscheinsantrag und warum stellt ihn ein Gläubiger?

Ein Erbschein ist wichtig, um festzustellen, wer die gesetzlichen Erben sind. Normalerweise beantragen die Erben selbst einen Erbschein. Manchmal kann aber auch ein Gläubiger des Verstorbenen einen Erbschein beantragen. Das ist dann der Fall, wenn der Gläubiger den Erbschein braucht, um seine Schulden vom Nachlass einzufordern, zum Beispiel durch eine Zwangsvollstreckung. Der Gläubiger tritt dabei quasi an die Stelle des Schuldners, also des Erben.


Welche Informationen muss der Gläubiger im Antrag angeben?

Auch wenn ein Gläubiger den Erbschein beantragt, muss er die gleichen Informationen liefern und Nachweise erbringen, wie wenn der Erbe selbst den Antrag stellen würde. Das ist im § 352 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen (FamFG) geregelt.

Zu diesen Pflichtangaben gehören zum Beispiel:

  • Wer der Verstorbene war (Name, Geburtsdatum, Sterbedatum).
  • Wer die möglichen Erben sind und wie sie mit dem Verstorbenen verwandt sind (z.B. Kinder, Enkel, Ehepartner).
  • Ob es ein Testament gibt oder ob die gesetzliche Erbfolge gilt.
  • Ob Erbschaften angenommen oder ausgeschlagen wurden.

Zusätzlich muss der Gläubiger die Richtigkeit dieser Angaben durch Urkunden nachweisen. Das sind in der Regel Personenstandsurkunden, wie:

  • Geburtsurkunden
  • Heiratsurkunden
  • Sterbeurkunden

Wichtig ist: Der Gläubiger muss ein „rechtliches Interesse“ an diesen Urkunden glaubhaft machen, um sie beim Standesamt zu bekommen. Dies ist in der Regel unproblematisch, da das Interesse des Gläubigers an der Begleichung seiner Forderung als ausreichend angesehen wird.

Anforderungen an den Erbscheinsantrag eines Gläubigers


Warum wurde der Antrag der Gläubigerin im vorliegenden Fall abgelehnt?

Im konkreten Fall hatte eine Gläubigerin einen Erbschein für einen Enkel des Verstorbenen beantragt, weil alle anderen Erben die Erbschaft ausgeschlagen hatten. Das Nachlassgericht hatte die Gläubigerin darauf hingewiesen, dass wichtige Angaben und Urkunden fehlten. Obwohl die Gläubigerin einige Dokumente nachreichte, lehnte das Gericht den Antrag ab.

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg bestätigte diese Entscheidung und nannte zwei Hauptgründe:

  1. Unvollständige Angaben und fehlende Urkunden: Die Gläubigerin hatte nicht alle notwendigen Personenstandsurkunden vorgelegt, um die Abstammung des benannten Enkels vom Verstorbenen zweifelsfrei nachzuweisen. Es fehlte eine Geburtsurkunde, die die direkte Verbindung des Enkels zum Verstorbenen belegen würde. Obwohl die Gläubigerin angab, dass der Enkel der Alleinerbe sei, konnte dies ohne die vollständigen Nachweise nicht festgestellt werden.
  2. Fehlerhafte Annahme: Das Gericht wies auch darauf hin, dass selbst wenn die fehlenden Dokumente nachgereicht worden wären, der Antrag wahrscheinlich immer noch abgelehnt worden wäre. Der Grund dafür war, dass der als Erbe benannte Enkel die Erbschaft möglicherweise wirksam ausgeschlagen hatte. Dies ist ein wichtiger Punkt, da das Nachlassgericht von Amts wegen prüfen muss, ob eine Erbschaft wirksam angenommen oder ausgeschlagen wurde. Im vorliegenden Fall gab es Hinweise darauf, dass die Erbausschlagung des Enkels, die zunächst als unwirksam galt, nachträglich doch wirksam geworden sein könnte.

Was bedeutet das für Gläubiger?

Der Fall zeigt deutlich, dass ein Gläubiger, der einen Erbschein beantragt, dieselben sorgfältigen und vollständigen Angaben machen und alle erforderlichen Urkunden beibringen muss, wie ein Erbe selbst. Es reicht nicht aus, nur auf die Aktenlage des Nachlassgerichts zu verweisen oder anzunehmen, dass das Gericht fehlende Informationen von Amts wegen ergänzt.

Kurz gesagt: Ein Erbscheinsantrag eines Gläubigers ist nur dann zulässig, wenn er die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben vollständig macht und deren Richtigkeit durch entsprechende Urkunden nachweist. Andernfalls wird der Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

Haben Sie weitere Fragen dazu, welche Dokumente ein Gläubiger genau benötigt oder wie der Ablauf eines solchen Antrags aussieht?

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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