Anforderungen an ein Verzeichnis über das von Eltern zugunsten ihrer Kinder verwaltete Nachlassvermögen
Die Zusammenfassung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. November 2013 (11 UF 451/13) befasst sich mit den Pflichten eines Elternteils zur Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung über das Vermögen eines Kindes, insbesondere nach einem Erbfall und nach dem Ende der Vermögenssorge (Volljährigkeit).
In diesem familienrechtlichen Fall klagte eine erwachsene Frau (Antragstellerin) gegen ihren Vater (Antragsgegner) auf Auskunft und Rechenschaftslegung über das Vermögen, das sie als Minderjährige von ihrer verstorbenen Mutter geerbt hatte, und über die Verwaltung dieses Vermögens durch den Vater. Der Vater hatte als sorgeberechtigter Elternteil das Vermögen seiner Tochter verwaltet.
Das Amtsgericht hatte den Vater zur Auskunft und Rechenschaftslegung verpflichtet. Der Vater legte dagegen Beschwerde ein, unter anderem mit dem Argument, die Ansprüche seien verjährt oder verwirkt (verloren durch Untätigkeit über lange Zeit) und es fehle ein Rechtsschutzinteresse, da der Nachlass überschuldet gewesen sei.
Das OLG Koblenz bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung des Amtsgerichts, präzisierte aber die Anforderungen an ein Vermögensverzeichnis und schloss einen Teil der Forderungen wegen Unzuständigkeit des Familiengerichts aus.
Eltern sind verpflichtet, das Vermögen, das ihr Kind von Todes wegen erwirbt (erbt), zu verzeichnen und dessen Richtigkeit und Vollständigkeit zu versichern.
Alle Gegenstände, die zum Erbe gehören, müssen aufgeführt werden.
Forderungen (z. B. Sparguthaben, Versicherungen) müssen sehr detailliert sein: Grund, Betrag, Rechtsgrund, zugehörige Urkunden (Sparbücher, Policen) mit Konten- oder Vertragsnummern.
Beim Hausrat genügt die Angabe des Gesamtwerts, aber wertvolle Einzelgegenstände (z. B. Kunstwerke) müssen einzeln aufgeführt werden.
Die Eltern müssen den Wert der einzelnen Gegenstände nach eigener Schätzung angeben. Sie sind nicht gezwungen, Sachverständige hinzuzuziehen.
Das vom Vater erstellte Nachlassverzeichnis war unvollständig, da es keinerlei Angaben zu Hausrat, Kunstgegenständen und Schmuck enthielt und auch die Angaben zu Konten und Lebensversicherungen unzureichend waren.
Nach Beendigung der Vermögenssorge (hier durch die Volljährigkeit der Tochter) muss der Elternteil das Vermögen herausgeben und auf Verlangen Rechenschaft über dessen Verwaltung ablegen.
Die Rechenschaftslegung muss eine übersichtliche, aus sich heraus verständliche Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben in Bezug auf das verwaltete Vermögen sein. Die Tochter soll dadurch in die Lage versetzt werden, ihre Herausgabeansprüche festzustellen.
Der Vater hatte diese Anforderung nicht erfüllt. Er musste über die Entwicklung des gesamten Erbes und des durch Schenkung erhaltenen Vermögens bis zur Volljährigkeit der Tochter im Jahr 1990 Rechenschaft ablegen. Dazu gehört auch die Aufklärung über den Verbleib von Verkaufserlösen aus Grundstücken, die Belastung von Grundstücken und die Entwicklung von Konten.
Die ursprüngliche Frist betrug 30 Jahre. Mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2010 galt die 3-jährige Regelverjährungsfrist. Da die Tochter ihren Antrag im Dezember 2012 und somit rechtzeitig vor Fristablauf (31. Dezember 2012) stellte, wurde die Verjährung gehemmt.
Ein Recht ist verwirkt, wenn es lange Zeit nicht geltend gemacht wurde (Zeitmoment) und der Schuldner sich darauf einrichten durfte, dass dies auch nicht mehr geschehen würde (Umstandsmoment). Obwohl fast 23 Jahre vergangen waren, sah das Gericht das Umstandsmoment als nicht gegeben an. Gerade in familienrechtlichen Fällen sei es normal, dass Kinder Ansprüche gegen die Eltern nicht sofort gerichtlich durchsetzen. Zudem sei der Vater nicht schutzwürdig, wenn er der Tochter keine Kenntnis von dem hohen Verkaufserlös aus einem Grundstück verschafft hatte, was die Geltendmachung der Ansprüche verzögert hat.
Der Einwand, der Nachlass sei überschuldet gewesen und es bestünden daher keine Herausgabeansprüche, wurde zurückgewiesen. Das Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn von vornherein feststeht, dass keine Herausgabeansprüche bestehen. Da das Nachlassverzeichnis unvollständig war und Grundbesitz im Nachhinein viel mehr erbrachte als angegeben, war dies nicht der Fall.
Der Vater konnte sich nicht auf eine notarielle Urkunde berufen, um einen Verzicht der Tochter auf diese Ansprüche zu beweisen. Die Urkunde enthielt keinen Verzicht auf die zukünftig entstehenden Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche.
Das OLG gab dem Vater jedoch in einem Punkt recht: Die Pflicht zur Rechenschaftslegung über den Verkaufserlös eines Grundstücks aus dem Jahr 1992 (nach Volljährigkeit der Tochter) wurde als unzulässig verworfen. Zu diesem Zeitpunkt war die Tochter bereits volljährig, weshalb keine Ansprüche „aus“ dem Eltern-Kind-Verhältnis (§ 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG) mehr bestanden. Ansprüche aus diesem Geschäft wären vielmehr solche aus einem schuldrechtlichen Verhältnis (z. B. Auftrag), für die das Familiengericht nicht zuständig ist.
Das OLG Koblenz stellte klar, dass Eltern sehr detaillierte und vollständige Auskünfte über das von ihnen verwaltete Kindesvermögen (insbesondere nach einem Erbfall) geben müssen. Die Ansprüche auf Auskunft und Rechenschaftslegung sind langfristig gesichert und können vom Kind auch noch nach vielen Jahren der Volljährigkeit erfolgreich geltend gemacht werden, selbst wenn die Verjährung fast abgelaufen ist und der Einwand der Verwirkung nur schwer durchzusetzen ist. Eltern, die ihrer Pflicht nicht nachkommen und das Kind über Vermögenswerte im Unklaren lassen, können sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.