Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

April 5, 2019

Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

BGH XII ZB 61/16

RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im Beschluss vom 6. Juli 2016 (XII ZB 61/16) über die Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

im Zusammenhang mit dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen zu entscheiden.

Kernaussagen des Beschlusses:

  1. Anforderungen an die Vollmacht: Der Bevollmächtigte kann in eine lebenserhaltende Maßnahme nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht dies ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist. Aus der Vollmacht muss deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.

  2. Kontrollbetreuung: Eine Kontrollbetreuung ist nur dann anzuordnen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Bevollmächtigte nicht im Sinne des Vollmachtgebers handelt.

  3. Patientenverfügung: Eine Patientenverfügung muss konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen enthalten. Die Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, ist allein nicht ausreichend.

Sachverhalt des Falls:

Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

Eine Frau erlitt einen Hirnschlag und wurde künstlich ernährt.

Sie hatte zuvor eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht erteilt.

In der Patientenverfügung hatte sie festgelegt, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben sollen, wenn ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt.

In der Vorsorgevollmacht hatte sie ihre Tochter (Bevollmächtigte) ermächtigt, an ihrer Stelle Entscheidungen zu treffen.

Die Bevollmächtigte und die behandelnde Ärztin waren gegen den Abbruch der künstlichen Ernährung.

Zwei andere Töchter der Betroffenen beantragten die Anordnung einer Kontrollbetreuung und die Ermächtigung zum Widerruf der Vollmacht.

Das Landgericht gab dem Antrag statt.

Die Bevollmächtigte legte Rechtsbeschwerde ein.

Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück.

  1. Anforderungen an die Vollmacht: Der BGH stellte fest, dass die notarielle Vollmacht den Anforderungen des § 1904 Abs. 5 Satz 2 BGB genügte. Sie enthielt die ausdrückliche Befugnis, über den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen zu entscheiden.

  2. Keine Kontrollbetreuung: Die Voraussetzungen für eine Kontrollbetreuung lagen nicht vor. Es bestand kein begründeter Verdacht, dass die Bevollmächtigte nicht im Sinne der Betroffenen handelte.

  3. Keine bindende Patientenverfügung: Die Patientenverfügung enthielt keine konkrete Entscheidung über den Abbruch der künstlichen Ernährung. Sie war daher nicht bindend.

Bedeutung des Beschlusses:

Der Beschluss des BGH präzisiert die Anforderungen an Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen im Zusammenhang mit dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen.

Er stärkt das Selbstbestimmungsrecht der Patienten und gibt den Bevollmächtigten mehr Rechtssicherheit.   

Konsequenzen für die Praxis:

  • Vorsorgevollmachten sollten die Befugnis zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen ausdrücklich umfassen.
  • Patientenverfügungen sollten konkrete Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen enthalten.
  • Kontrollbetreuungen sollten nur in Ausnahmefällen angeordnet werden.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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