Angemessenheit der Ausbildungsvergütung
BAG 9 AZR 377/16
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 16. Mai 2017 über die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung
eines Auszubildenden entschieden, der bei einem nicht tarifgebundenen Verein beschäftigt war.
Der Fall:
Der Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei einem Verein, der die Förderung der Berufsausbildung zum Zweck hatte.
Die Ausbildungsvergütung lag deutlich unter dem Tarifniveau der Metall- und Elektroindustrie.
Der Kläger verlangte die Nachzahlung der Differenz zwischen der gezahlten Vergütung und der tariflichen Ausbildungsvergütung.
Die Entscheidung des BAG:
Das BAG gab der Klage überwiegend statt.
Die vom Verein gezahlte Ausbildungsvergütung war unangemessen niedrig.
Das BAG bestätigte seine Rechtsprechung, wonach die tarifliche Ausbildungsvergütung ein wichtiger Anhaltspunkt für die Angemessenheit ist.
Begründung:
Angemessenheit der Ausbildungsvergütung: Das BAG erläuterte die Kriterien für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nach § 17 Abs. 1 BBiG. Bei der Beurteilung sind die Verkehrsanschauung und die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die tarifliche Ausbildungsvergütung ist ein wichtiger Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung.
Funktionen der Ausbildungsvergütung: Die Ausbildungsvergütung hat drei Funktionen: Sie soll den Auszubildenden finanziell unterstützen, die Heranbildung von Fachkräften gewährleisten und die Leistungen des Auszubildenden honorieren.
Tarifliche Ausbildungsvergütung als Maßstab: Eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem einschlägigen Tarifvertrag orientiert, ist in der Regel angemessen. Eine Vergütung, die mehr als 20% unter dem Tarifniveau liegt, ist in der Regel unangemessen.
Ausnahmen: Ausnahmen von diesem Grundsatz sind möglich, wenn die Ausbildung durch öffentliche Gelder oder Spenden finanziert wird und der Ausbildende die Leistungen des Auszubildenden nicht kommerziell verwertet. Auch bei einer durch Spenden finanzierten Ausbildungsvergütung kann eine Unterschreitung des Tarifniveaus um mehr als 20% gerechtfertigt sein, wenn der Ausbildende damit die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen will.
Kein Lohnwucher: Die Rechtsprechung des BAG zur Angemessenheit der Ausbildungsvergütung stellt keine „legitimationslose Erstreckung der Tarifgeltung auf Dritte“ dar. Es geht nicht um die Anwendung von Tarifverträgen auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber, sondern um die Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung im Einzelfall.
Darlegungs- und Beweislast: Der Auszubildende trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit der Vergütung. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er auf die tarifliche Vergütung verweist und vorträgt, dass seine Vergütung mehr als 20% darunter liegt. Der Ausbildende muss dann substanziiert darlegen, warum im Einzelfall ein abweichender Maßstab gelten soll.
Umstände des Einzelfalls: Im vorliegenden Fall konnte der Verein nicht darlegen, dass der Kläger ohne die Förderung durch den Verein keinen Ausbildungsplatz gefunden hätte oder dass er besonderer Unterstützung bedurfte. Die Ausbildung fand zudem in einem tarifgebundenen Unternehmen statt. Daher durfte das LAG die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie als Maßstab heranziehen.
Ausschlussfristen: Die Ansprüche des Klägers waren nicht verfallen. Weder die tariflichen Ausschlussfristen noch die einzelvertragliche Ausschlussfrist waren anwendbar.
Wesentliche Punkte des Urteils:
Angemessenheit der Ausbildungsvergütung: Die tarifliche Ausbildungsvergütung ist ein wichtiger Anhaltspunkt für die Angemessenheit.
Finanzierung durch Spenden: Auch bei einer durch Spenden finanzierten Ausbildung kann eine Unterschreitung des Tarifniveaus gerechtfertigt sein, wenn der Ausbildende damit die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen will.
Darlegungs- und Beweislast: Der Auszubildende trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit der Vergütung.
Fazit:
Das Urteil des BAG stärkt die Rechte von Auszubildenden auf eine angemessene Vergütung.
Auch wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, muss er eine Vergütung zahlen, die sich an der tariflichen Ausbildungsvergütung orientiert.
Ausnahmen sind nur in begründeten Fällen möglich, z.B. wenn die Ausbildung durch Spenden finanziert wird und der Ausbildende damit die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen will.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.