Annahme eines Heims bei Aufnahme familienfremder Personen ins eigene Haus – Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 176/98

Mai 7, 2020

Annahme eines Heims bei Aufnahme familienfremder Personen ins eigene Haus – Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 176/98

RA und Notar Krau

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat im Beschluss vom 19. Februar 1999 – 1Z BR 176/98 entschieden, dass die Beteiligte zu 1, die wiederholt familienfremde ältere Personen gegen Entgelt in ihrem Haus aufgenommen und versorgt hat, ein Heim im Sinne des HeimG betreibt.

Dies gilt auch dann, wenn nur wenige Personen untergebracht werden, solange die Einrichtung unabhängig von der konkreten Person der Bewohner betrieben wird.

Die Erblasserin, die in der Wohnung im Haus der Beteiligten zu 1 gelebt und diese im Testament zur Alleinerbin eingesetzt hatte, hatte keine familiäre Bindung zu der Beteiligten zu 1.

Das Testament wurde für nichtig erklärt, da es gegen § 14 Abs. 1 HeimG verstößt, der es Heimträgern verbietet, sich geldwerte Leistungen über das vereinbarte Entgelt hinaus versprechen oder gewähren zu lassen.

Der Fall ging wie folgt:

Die am 8. September 1997 verstorbene Erblasserin hinterließ ein Hausgrundstück.

Die Beteiligte zu 1, eine entfernte Verwandte des Ehemanns der Mutter der Erblasserin, hatte wiederholt ältere, pflegebedürftige Personen in ihrem Haus aufgenommen, gepflegt und versorgt, wofür sie ein Entgelt erhielt.

Nach dem Tod der Erblasserin, die im Haus der Beteiligten zu 1 gelebt hatte, beantragte diese einen Erbschein als Alleinerbin aufgrund eines Testaments vom 31. Januar 1995.

Annahme eines Heims bei Aufnahme familienfremder Personen ins eigene Haus – Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 176/98

Das Nachlassgericht lehnte den Antrag ab, weil die Erbeinsetzung wegen Verstoßes gegen § 14 HeimG nichtig sei.

Das Landgericht bestätigte diese Entscheidung, woraufhin die Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde einlegte.

Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die Beschwerde zurück und stellte fest, dass die Einrichtung der Beteiligten zu 1 ein Heim im Sinne des HeimG darstellt.

Entscheidend war, dass die Beteiligte zu 1 unabhängig von der konkreten Person der Bewohner immer wieder neue Personen aufnahm und für deren Pflege ein Entgelt erhielt.

Die Beziehung zur Erblasserin war nicht familiärer Natur, und die Erblasserin lebte bis zu ihrem Tod in der Einrichtung.

Daher war die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 aufgrund von § 14 Abs. 1 HeimG unwirksam.

Dieser Beschluss verdeutlicht die rechtliche Einordnung von privaten Pflegeeinrichtungen als Heime im Sinne des HeimG, wenn wiederholt pflegebedürftige Personen gegen Entgelt aufgenommen und versorgt werden, unabhängig von der Anzahl der Personen oder einer möglichen persönlichen Beziehung zu ihnen.

Die Nichtigkeit der testamentarischen Verfügungen zugunsten der Heimträgerin soll verhindern, dass diese sich über das vereinbarte Entgelt hinaus weitere geldwerte Leistungen sichern können.

Im Kern bestätigt das Urteil, dass die Testierfreiheit und Erbrechtsgarantie durch das Verbot in § 14 HeimG eingeschränkt sind, um Heimbewohner vor Ausnutzung zu schützen.

Dieses Urteil hat weitreichende Implikationen für die rechtliche Behandlung von Pflegearrangements in privaten Haushalten und die Definition dessen, was als Heim im rechtlichen Sinne gilt.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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