Annahme oder Ausschlagung des Erbes bei mehreren Berufungsgründen
Es kommt im Erbrecht häufig vor, dass juristische Texte für Laien schwer verständlich sind. Mit diesem Blogbeitrag möchte ich, Rechtsanwalt und Notar Krau, Ihnen § 1948 BGB näherbringen. Es geht um eine wichtige, aber oft missverstandene Regelung, die für Erben von Bedeutung sein kann.
Stellen Sie sich vor, Sie werden Erbe. Das kann auf ganz unterschiedliche Weisen passieren:
Nun kann es vorkommen, dass Sie gleich auf zwei Wegen zum Erben berufen sind. Zum Beispiel, weil Sie im Testament bedacht wurden, aber gleichzeitig auch aufgrund Ihrer Verwandtschaft gesetzlicher Erbe wären.
Genau hier setzt § 1948 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) an. Dieser Paragraph ist eine besondere Ausnahme von den allgemeinen Regeln zur Erbschaftsannahme. Er erlaubt Ihnen in bestimmten Fällen eine Wahlfreiheit:
Das ist wichtig, denn normalerweise gilt: Wenn Sie eine Erbschaft annehmen oder ausschlagen, dann gilt das für die gesamte Erbschaft, egal aus welchem Grund Sie Erbe werden. § 1948 BGB durchbricht diese Einheit und ermöglicht Ihnen eine getrennte Entscheidung.
Die Möglichkeit, die Erbschaft aus verschiedenen Gründen unterschiedlich zu behandeln, hat einen einfachen Hintergrund: Ihre Erklärung bezieht sich immer auf den konkreten Grund, aus dem Sie Erbe werden sollen. Es ist so, als ob jeder „Berufungsgrund“ einen eigenen Topf darstellt, aus dem Sie schöpfen können – oder eben nicht.
Früher, im preußischen Recht, war das anders. Da gab es nur die Alles-oder-Nichts-Regel. Unser heutiges Gesetz ist hier also moderner und flexibler.
Die Anwendung von § 1948 BGB ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft:
Wichtig ist zu wissen, wann § 1948 BGB nicht zur Anwendung kommt:
In der Praxis wird die Bedeutung von § 1948 BGB manchmal kontrovers diskutiert. Manche Rechtsexperten halten ihn für weniger relevant, da der Wille des Erblassers und andere gesetzliche Regelungen oft Vorrang haben.
Dennoch kann diese Vorschrift eine Rolle spielen. Sie sollten aber sehr vorsichtig sein, wenn Sie § 1948 BGB als Gestaltungsmittel nutzen möchten. Ein unüberlegtes Ausschlagen kann zum endgültigen Verlust der Erbschaft führen. Zudem kann die Wahlfreiheit zu Unsicherheiten bei der Erbfolge führen.
Ein interessanter Gedanke ist, ob die Prinzipien des § 1948 BGB auch auf die Anfechtung einer bereits angenommenen Erbschaft übertragen werden können. Wenn Sie eine Annahme anfechten, weil Sie sich beispielsweise geirrt haben, dann hat das rechtlich ähnliche Folgen wie eine Ausschlagung. Es wird diskutiert, ob man auch hier nur einen Teil der Annahme anfechten kann, wenn Sie aus mehreren Gründen Erbe geworden sind. Dies würde die Rechtssicherheit nicht gefährden und könnte im Einzelfall sinnvoll sein.
§ 1948 BGB ist eine spezialisierte, aber wichtige Regelung im Erbrecht, die Ihnen in bestimmten Konstellationen eine wertvolle Wahlfreiheit bietet. Als Rechtsanwalt und Notar Krau empfehle ich Ihnen dringend, bei Fragen zur Erbschaftsannahme oder -ausschlagung stets qualifizierten Rechtsrat einzuholen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Entscheidungen rechtlich korrekt sind und Sie keine ungewollten Nachteile erleiden.