Annahme und Ausschlagung der Erbschaft – Beweislast
Wenn das Erbe zur Last wird: Wer muss was beweisen?
Stellen Sie sich vor, Sie erben. Eine wunderbare Nachricht! Doch im Erbrecht lauern oft komplizierte Fragen, besonders wenn es um das Thema Beweislast geht. Wer muss was nachweisen, um seine Ansprüche durchzusetzen oder sich gegen Forderungen zu wehren? Als Rechtsanwalt und Notar Krau möchte ich Ihnen heute einen Einblick in dieses oft missverstandene Thema geben und es Ihnen so verständlich wie möglich erklären.
Sie sind Erbe geworden, herzlichen Glückwunsch! Doch was, wenn Sie nun auf das Erbe zugreifen oder alte Forderungen des Verstorbenen (des Erblassers) eintreiben möchten?
Ganz einfach: Sie müssen beweisen, dass der Erblasser wirklich verstorben ist und dass Sie derjenige sind, der laut Gesetz oder Testament zum Erben berufen wurde. Das nennt man den Berufungsgrund. In der Regel ist das kein Hexenwerk – eine Sterbeurkunde und das Testament oder die gesetzliche Erbfolge reichen hier meist aus.
Ein wichtiger Punkt: Sie müssen in der Regel nicht extra beweisen, dass Sie das Erbe angenommen haben. Die Erbschaft geht nämlich automatisch auf Sie über, sobald der Erblasser verstirbt. Das ist der große Vorteil der gesetzlichen Erbfolge oder der Testamentseröffnung.
Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Wenn Sie das Erbe ursprünglich ausgeschlagen haben (also darauf verzichtet haben), sich dann aber doch darauf berufen, dass Sie es vorher angenommen hatten, müssen Sie das beweisen. Dies kommt zum Beispiel vor, wenn Sie einen Erbschein beantragen.
Manchmal geht es auch um spezielle Anträge, zum Beispiel um ein Nachlassgläubigeraufgebot. Das ist ein Verfahren, bei dem Gläubiger des Erblassers aufgefordert werden, ihre Forderungen anzumelden. Hier müssen Sie als Erbe darlegen, dass Sie das Erbe angenommen haben. Meist reicht dafür aber schon der Antrag selbst, da dieser die Annahme stillschweigend voraussetzt.
Und noch etwas: Beantragen Sie einen Erbschein, müssen Sie nicht nur Ihre eigene Erbschaftsannahme darlegen, sondern auch die Ihrer Miterben, falls es welche gibt.
Stellen Sie sich vor, der Erblasser hatte noch Schulden. Nun möchten dessen Gläubiger – die Nachlassgläubiger – diese Schulden bei Ihnen, dem Erben, eintreiben. Oder es läuft bereits ein Gerichtsverfahren gegen den Erblasser, das nun gegen Sie als Erben fortgesetzt werden soll.
In diesen Fällen müssen die Gläubiger beweisen, dass Sie als Erbe das Erbe angenommen haben. Das gilt auch, wenn sie auf Ihr Privatvermögen zugreifen wollen, um die Schulden des Erblassers zu begleichen, oder wenn Ihre eigenen Gläubiger auf das geerbte Vermögen zugreifen möchten.
Oft berufen sich Gläubiger auf die sogenannte Annahmefiktion. Das bedeutet, dass die Erbschaft als angenommen gilt, wenn der Erbe sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist (meist sechs Wochen) ausgeschlagen hat. Wenn Gläubiger sich darauf berufen, müssen sie beweisen, dass Sie als Erbe wussten, dass Sie Erbe geworden sind und warum (also den Erbanfall und den Berufungsgrund).
Wenn Sie die Erbschaft rechtzeitig ausgeschlagen haben, müssen Sie das beweisen. Das Gleiche gilt, wenn Sie behaupten, die Frist zur Ausschlagung sei nicht angelaufen, weil Sie zum Beispiel geschäftsunfähig waren.
Und was ist mit der Verjährung von Nachlassforderungen? Wenn Sie sich als Erbe gegen eine Forderung wehren, weil sie verjährt ist, müssen Sie beweisen, wann die Verjährungsfrist begonnen und wann sie abgelaufen ist. Beruft sich der Gläubiger hingegen darauf, dass die Verjährung unterbrochen oder gehemmt war, muss er dies beweisen.
Wenn ein Erbe als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, dann genießt diese Eintragung einen besonderen Schutz: Es wird vermutet, dass die Person, die im Grundbuch steht, auch wirklich der Eigentümer ist. Das gilt auch für das Grundbuchamt selbst.
Diese Vermutung kann nur dann widerlegt werden, wenn zweifelsfrei bewiesen wird, dass das Grundbuch falsch ist. Es reicht zum Beispiel nicht aus, wenn ein gerichtlich bestellter Betreuer nachträglich die Erbschaft ausschlägt oder die Versäumung der Ausschlagungsfrist anficht, selbst wenn diese Erklärungen vom Betreuungsgericht genehmigt wurden.
Das Grundbuchamt hat auch die Aufgabe, Testamente oder andere Verfügungen von Todes wegen selbstständig auszulegen, auch wenn die rechtlichen Fragen komplex sind. Allerdings kann das Grundbuchamt keine abschließende Entscheidung darüber treffen, ob eine Erbschaft wirksam angenommen oder ausgeschlagen wurde, wenn diese Frage nicht eindeutig aus den vorhandenen offiziellen Dokumenten (zum Beispiel der Nachlassakte) oder den Erklärungen der Beteiligten hervorgeht und weitere Ermittlungen nötig wären.
In solchen Fällen ist das Grundbuchamt sogar dazu verpflichtet, einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis zu verlangen. Diese Dokumente klären verbindlich, wer Erbe ist. Ob eine eidesstattliche Versicherung (also eine Art Schwur, die Wahrheit zu sagen) hier weiterhelfen kann, ist fraglich und wird in der Regel abgelehnt. Denn das würde bedeuten, dass das Grundbuchamt eine Art Erbscheinverfahren durchführen müsste, wofür es nicht zuständig ist.
Ich hoffe, dieser Überblick hat Ihnen geholfen, die komplexen Regeln der Beweislast im Erbrecht besser zu verstehen. Bei weiteren Fragen oder konkreten Anliegen stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Notar Krau gerne zur Verfügung.
Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau