Annahmeverzug – Leistungswillen – unterlassener Zwischenverdienst – Böswilligkeit – BAG 5 AZR 346/21

Mai 20, 2022

Annahmeverzug – Leistungswillen – unterlassener Zwischenverdienst – Böswilligkeit – BAG 5 AZR 346/21

RA und Notar Krau:

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit dem Aktenzeichen 5 AZR 346/21 drehte sich um einen Fall von Annahmeverzug, Leistungswillen, unterlassenen Zwischenverdienst und Böswilligkeit zwischen einer Arbeitnehmerin (Klägerin) und ihrem Arbeitgeber (Beklagte).

Die Klägerin, eine Marketing- und Projektmanagerin, befand sich seit September 2017 im Annahmeverzug, da die Beklagte ihr keine Vergütung zahlte.

Obwohl die Beklagte der Klägerin alternative Beschäftigungsmöglichkeiten anbot, wurden diese abgelehnt.

Das BAG entschied, dass der Annahmeverzug der Beklagten bis zum 10. Dezember 2018 bestand, danach jedoch aufgrund mangelnden Leistungswillens der Klägerin ausgeschlossen war.

Die Klägerin konnte daher für den Zeitraum bis zum 10. Dezember 2018 Vergütung wegen Annahmeverzugs verlangen.

Jedoch wurde festgestellt, dass sie sich ab dem 11. Dezember 2018 nicht mehr leistungswillig zeigte.

Die Klägerin konnte sich nicht wirksam auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, da die Höhe der öffentlich-rechtlichen Leistungen nicht ausreichend beziffert wurde.

Annahmeverzug – Leistungswillen – unterlassener Zwischenverdienst – Böswilligkeit – BAG 5 AZR 346/21

Somit wurde der Anspruch auf Annahmeverzugslohn ab dem 11. Dezember 2018 ausgeschlossen.

Des Weiteren wurde entschieden, dass sich die Klägerin für die Zeit vom 1. Oktober 2017 bis zum 2. Dezember 2018 den Verdienst, den sie als Servicekraft hätte erzielen können, auf die Vergütung wegen Annahmeverzugs anrechnen lassen musste, da sie eine zumutbare Arbeit böswillig unterlassen hatte.

Tenor

A.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28. Oktober 2020 – 8 Sa 816/19 – teilweise aufgehoben und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16. Oktober 2019 – 7 Ca 304/19 – teilweise abgeändert und insoweit wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.033,33 Euro brutto abzüglich 6.323,85 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. April 2019 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 57 vH und die Beklagte 43 vH zu tragen.

Annahmeverzug – Leistungswillen – unterlassener Zwischenverdienst – Böswilligkeit – BAG 5 AZR 346/21

II.

Die Berufung der Klägerin im Übrigen und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 61 vH und die Beklagte 39 vH zu tragen.

B.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

C.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 66 vH und die Beklagte 34 vH zu tragen.

Allgemeines

Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes beim Annahmeverzug ist ein Konzept im deutschen Arbeitsrecht, das in § 615 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt ist.

Es tritt ein, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Annahme der Arbeitsleistung nicht nachkommt und dadurch in Annahmeverzug gerät.

In dieser Situation hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Fortzahlung seines Gehalts, obwohl er nicht arbeiten kann.

Annahmeverzug – Leistungswillen – unterlassener Zwischenverdienst – Böswilligkeit – BAG 5 AZR 346/21

Jedoch kann der Arbeitgeber den Lohnanspruch kürzen oder gar streichen, wenn der Arbeitnehmer es böswillig unterlässt, während des Annahmeverzugs anderweitigen Verdienst zu erzielen.

Böswilligkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer ohne berechtigten Grund auf eine zumutbare alternative Erwerbstätigkeit verzichtet, die er hätte ausüben können, um seinen Verdienstausfall zu mindern.

Dabei muss die alternative Erwerbstätigkeit dem Arbeitnehmer zumutbar sein und in einem sachlichen Zusammenhang mit seiner beruflichen Qualifikation stehen.

Der Arbeitgeber trägt die Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer böswillig gehandelt hat.

Wenn der Nachweis gelingt, wird der Verdienst, den der Arbeitnehmer hätte erzielen können, auf den Anspruch auf Annahmeverzugslohn angerechnet.

Der Zweck dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass der Arbeitnehmer durch den Annahmeverzug besser gestellt wird, als er es bei tatsächlicher Arbeitsleistung gewesen wäre.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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