Anrechnung einer Pflichtteilszahlung aus dem vollen Nachlaßwert auf ein von den Erben des Vorvermächtnisnehmers zu erfüllendes Nachvermächtnis – BGH IV ZR 99/99
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen schuldhafter Verletzung seines Amtes als Testamentsvollstrecker in Anspruch.
Die Klägerin und ihr Bruder stammen aus der ersten Ehe des am 20. September 1979 verstorbenen Erblassers, der in zweiter Ehe mit der 1999 verstorbenen Streithelferin verheiratet war.
Im Testament von 1978 setzte der Erblasser die Klägerin und ihren Bruder als Erben ein und vermachte seiner zweiten Frau ein hälftiges Erbbaurecht an einem Grundstück bis zu ihrem Tod, danach der Klägerin.
Am 13. Dezember 1979 schlug die Klägerin die Erbschaft aus und erhielt etwa 1,2 Millionen DM als Pflichtteil,
wobei der volle Nachlasswert einschließlich des Erbbaurechts, das mit 469.560 DM bewertet wurde, berücksichtigt wurde.
In einem Schreiben vom 8. Januar 1980 informierte der Beklagte die Streithelferin, dass die Klägerin aufgrund der Ausschlagung kein Nachvermächtnisnehmer mehr sei und sie über das Erbbaurecht frei verfügen könne.
Die Streithelferin verkaufte das Erbbaurecht 1990 für 1.050.000 DM.
Die Klägerin forderte Schadensersatz, weil der Beklagte den Verkaufserlös nicht in Wertpapieren angelegt hatte, und bezifferte den Schaden nach dem Tod der Streithelferin auf 1.050.000 DM plus Zinsen.
Der Beklagte argumentierte, die Klägerin habe auch das Nachvermächtnis ausgeschlagen und ihr sei durch den Pflichtteil kein Schaden entstanden.
Das Landgericht und das Berufungsgericht wiesen die Klage ab, woraufhin die Klägerin Revision einlegte.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Anrechnung des Pflichtteils auf das Nachvermächtnis:
Das Berufungsgericht ließ offen, ob die Klägerin das Nachvermächtnis ausgeschlagen hat und unterstellte zugunsten der Klägerin, dass der Beklagte das Nachvermächtnis nicht als ausgeschlagen hätte betrachten dürfen.
Dennoch habe der Beklagte keine Sorgfaltspflicht verletzt, da die Klägerin durch den Pflichtteil mehr erhalten habe, als ihr durch das Nachvermächtnis zugestanden hätte.
Unterschiedliche Schuldner des Pflichtteils und des Nachvermächtnisses:
Die Revision rügt zu Recht, dass der Erbe als Schuldner des Pflichtteils nicht identisch ist mit den Schuldnern des Nachvermächtnisses, nämlich den Erben der Vorvermächtnisnehmerin.
Daher kann die Pflichtteilszahlung nicht auf das Nachvermächtnis angerechnet werden.
Die Erben der Vorvermächtnisnehmerin müssen das Nachvermächtnis in voller Höhe erfüllen, unabhängig von der Pflichtteilszahlung.
Pflicht des Testamentsvollstreckers:
Der Beklagte als Testamentsvollstrecker war verpflichtet, den Nachvermächtnisanspruch der Klägerin ungekürzt zu erfüllen.
Der Pflichtteilsanspruch hat nicht den Zweck, den Vorvermächtnisnehmer bei der Erfüllung des Nachvermächtnisses zu entlasten.
Schadensnachweis:
Die Klägerin muss nicht nachweisen, dass Wertpapiere im Nachlass der Streithelferin fehlen, da unstreitig ist, dass eine Anlage des Verkaufserlöses in Wertpapieren nicht erfolgt ist.
Ausschlagung des Nachvermächtnisses:
Das Berufungsgericht muss klären, ob die Klägerin das Nachvermächtnis ausgeschlagen hat und ob der Beklagte es als ausgeschlagen betrachten durfte.
Eine Ausschlagung des Vermächtnisses kann durch schlüssiges Verhalten erklärt werden und ist nicht formbedürftig.
Bei einem Nachvermächtnis kann die Ausschlagung auch vor Eintritt des Nachvermächtnisfalles erklärt werden.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der BGH stellte klar, dass die Pflichtteilszahlung nicht auf das Nachvermächtnis angerechnet werden kann, wenn die Schuldner unterschiedlich sind.
Der Testamentsvollstrecker hat die Pflicht, das Nachvermächtnis ungekürzt zu erfüllen, und der Pflichtteilsanspruch
entlastet nicht die Erben der Vorvermächtnisnehmerin bei der Erfüllung des Nachvermächtnisses
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.