Ansatz Erbfallkostenpauschale bei Nacherben -FG Münster Urteil 24/10/ 2019 – 3 K 3549/17

August 13, 2020

Ansatz Erbfallkostenpauschale bei Nacherben -FG Münster Urteil 24/10/ 2019 – 3 K 3549/17

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor

  • Der Erbschaftsteuerbescheid vom 07.06.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 16.10.2017 werden nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert.
  • Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
  • Die Revision wird zugelassen.
  • Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, soweit die Klägerin nicht zuvor Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Nacherbin ihrer Tante F. S., die am 01.01.2013 verstorben ist. F.

S. war Vorerbe ihrer Tante und verstarb am 01.05.2013.

Die Klägerin schlug die Erbschaft über das Eigenvermögen des Nachverstorbenen F. S. aus, da der Nachlass überschuldet war.

Die Erbschaftsteuerstelle des Beklagten verzichtete auf die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung.

Ansatz Erbfallkostenpauschale bei Nacherben – FG Münster Urteil 24/10/ 2019 – 3 K 3549/17 Erb

Eine Prüfung durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ergab, dass der Wert des Erwerbs nach Steuerbefreiung und Freibetrag bei 26.000 Euro lag, wofür eine Erbschaftsteuer von 3.960 Euro festgesetzt wurde.

Die Klägerin legte Einspruch ein, ohne ihn zu begründen, welcher abgelehnt wurde.

Mit der Klage fordert die Klägerin, den Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG zu berücksichtigen.

Sie trägt vor, dass der Pauschbetrag grundsätzlich für jeden Erbfall gewährt werden müsse, auch für den Nacherbfall.

Sie habe Nachlassabwicklungskosten getragen, wie die Beantragung des Erbscheins und die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen, welche durch eine Rechnung über 40 Euro belegt seien.

Der Beklagte wies darauf hin, dass es sich bei der Erbfallkostenpauschale nicht um einen Freibetrag handele und sie nur dann abgezogen werden könne, wenn tatsächlich Kosten im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG entstanden seien.

Es wurde auch argumentiert, dass die Kosten des Pauschbetrags nicht mehrfach geltend gemacht werden könnten.

Entscheidungsgründe

Ansatz Erbfallkostenpauschale bei Nacherben – FG Münster Urteil 24/10/ 2019 – 3 K 3549/17 Erb

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat die Erbfallkostenpauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG zu Unrecht nicht gewährt.

Rechtliche Grundlage:

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind Kosten der Bestattung, Grabpflege, und Nachlassregelungskosten als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG erlaubt einen Pauschbetrag von 10.300 Euro ohne Nachweis für diese Kosten.

a) Der Pauschbetrag wird für die im Gesetz genannten Kosten insgesamt abgezogen.

Voraussetzung ist lediglich, dass dem Erwerber solche Kosten entstanden sind. Ein Abzug des Pauschbetrags scheidet nur aus, wenn keine Kosten entstanden sind.

b) Die Klägerin hat nachgewiesen, dass ihr Kosten für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen, die Beantragung und Erteilung des Erbscheins, und die Beurkundung der Versicherung an Eides statt entstanden sind.

Ansatz Erbfallkostenpauschale bei Nacherben – FG Münster Urteil 24/10/ 2019 – 3 K 3549/17 Erb

Diese Kosten beliefen sich auf 40 Euro. Damit sind die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Pauschbetrags erfüllt.

c) Der Pauschbetrag von 10.300 Euro ist auch zu gewähren, wenn die tatsächlichen Kosten geringer sind. Der Gesetzeswortlaut sieht keinen Abzug in Höhe der tatsächlichen Kosten vor, sondern einen Pauschbetrag.

Anwendung auf den Nacherbenfall:

a) Der Pauschbetrag kann auch bei Nacherbschaft gewährt werden.

Erbschaftsteuerlich handelt es sich bei Vor- und Nacherbschaft um zwei getrennte Erwerbsvorgänge, die jeweils als Erbanfall zu betrachten sind.

Damit kann sowohl dem Vorerben als auch dem Nacherben der Pauschbetrag gewährt werden.

b) Im vorliegenden Fall hat der Vorerbe keine Kosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG geltend gemacht.

Daher ist der Pauschbetrag durch den Nacherben in Anspruch zu nehmen.

Ansatz Erbfallkostenpauschale bei Nacherben – FG Münster Urteil 24/10/ 2019 – 3 K 3549/17 Erb

Rechtsprechung des BFH:

Der BFH hat entschieden, dass der Pauschbetrag für jeden Erbfall nur einmal gewährt wird.

Im vorliegenden Fall liegen jedoch zwei Erbfälle vor – der Tod des Erblassers und der Tod des Vorerben – die jeweils einen Erbanfall darstellen.

Daher ist die Regelung nicht einschlägig, dass der Pauschbetrag nur einmal pro Erbfall gewährt wird.

Gesetzeszweck:

Die Gewährung des Pauschbetrags dient der vereinfachten Erbschaftsteuerveranlagung.

Der Gesetzgeber wollte damit eine pauschale Abgeltung der typischerweise entstehenden Nachlasskosten ermöglichen.

Dies rechtfertigt die Gewährung des Pauschbetrags auch bei geringen tatsächlichen Kosten.

Kostenentscheidung

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte, da die Klage erfolgreich war.

Revision

Die Revision wurde zugelassen, um das Recht fortzubilden und grundsätzliche Fragen der Auslegung des ErbStG zu klären.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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