BAG 8 AZR 717/07

April 9, 2021

Anspruch auf restliches Gehalt – Gegenanspruch wegen Vertragsstrafe – BAG Urteil 25.09.2008 – 8 AZR 717/07

RA und Notar Krau

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 25.09.2008 entschieden (8 AZR 717/07), dass die Revision des Beklagten

gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.06.2007 zurückgewiesen wird.

Die Klägerin, eine Lehrkraft an einer privaten Grundschule, klagte auf restliches Gehalt für Juli 2006, welches der Beklagte aufgrund einer Vertragsstrafe nicht auszahlen wollte.

Diese Vertragsstrafe war in einem vorformulierten Arbeitsvertrag festgelegt, der eine Kündigungsfrist zum 31. Juli mit einer Vorankündigung von zwei Monaten vorschrieb.

Bei Nichteinhaltung sollte eine Vertragsstrafe von drei Bruttomonatsgehältern fällig werden.

Die Klägerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis am 5. Juli 2006 zum 31. Juli 2006, womit sie die vertraglich festgelegte Kündigungsfrist nicht einhielt.

Der Beklagte überwies daraufhin das Juligehalt direkt an den Förderverein der Schule und forderte die Differenz als Vertragsstrafe.

Das Arbeitsgericht gab der Klage der Lehrkraft statt und wies die Widerklage des Beklagten ab.

Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung und das BAG wies die Revision des Beklagten zurück.

Das BAG argumentierte, dass die Vertragsstrafenklausel im Arbeitsvertrag unwirksam sei, da sie die Lehrkraft unangemessen benachteilige.

Die Höhe der Vertragsstrafe von drei Bruttomonatsgehältern sei überzogen und stelle eine Übersicherung des Beklagten dar.

Vertragsstrafen dürften maximal ein Bruttomonatsgehalt betragen, um eine angemessene Benachteiligung zu vermeiden.

Daher stehe der Klägerin das restliche Juligehalt zu.

Allgemein:

Vertragsstrafen im Arbeitsrecht sind ein komplexes Thema. Hier ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

Was ist eine Vertragsstrafe?

Eine Vertragsstrafe ist eine im Arbeitsvertrag festgelegte Geldsumme, die der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber zahlen muss, wenn er gegen bestimmte Vertragspflichten verstößt.

Sie dient als Druckmittel, um die Einhaltung der Vereinbarungen zu sichern und den Arbeitgeber vor Schäden zu schützen.

Zulässigkeit von Vertragsstrafen

Grundsätzlich sind Vertragsstrafen im Arbeitsrecht zulässig. Allerdings gibt es einige Einschränkungen:

  • Angemessenheit: Die Höhe der Vertragsstrafe muss in einem angemessenen Verhältnis zum verursachten Schaden stehen. Überhöhte Vertragsstrafen sind unwirksam.
  • Konkrete Pflichtverletzung: Die Vertragsstrafe muss an eine konkrete Pflichtverletzung des Arbeitnehmers geknüpft sein. Allgemeine Formulierungen sind unzulässig.
  • AGB-Kontrolle: Vertragsstrafenklauseln unterliegen der AGB-Kontrolle, wenn sie vom Arbeitgeber gestellt werden. Das bedeutet, sie dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

Typische Anwendungsfälle

Vertragsstrafen werden häufig in folgenden Fällen vereinbart:

  • Verletzung von Wettbewerbsverboten: Zahlung einer Vertragsstrafe bei Aufnahme einer Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Verletzung von Geheimhaltungspflichten: Zahlung einer Vertragsstrafe bei Weitergabe von Betriebsgeheimnissen.
  • Unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit: Zahlung einer Vertragsstrafe bei unentschuldigtem Fehlen.
  • Nichteinhaltung von Kündigungsfristen: Zahlung einer Vertragsstrafe bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist.

Wichtig:

  • Der Arbeitgeber muss den Schaden, der ihm durch die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers entstanden ist, nicht nachweisen, um die Vertragsstrafe zu verlangen.
  • Die Vertragsstrafe kann neben Schadensersatzansprüchen geltend gemacht werden, wenn der Schaden höher ist als die Vertragsstrafe.
  • Der Arbeitnehmer kann die Vertragsstrafe gerichtlich überprüfen lassen.

Beispiele für unzulässige Vertragsstrafen:

  • „Strafen“ für jede Art von Vertragsverstoß: Die Vertragsstrafe muss an eine konkrete Pflichtverletzung geknüpft sein.
  • Überhöhte Vertragsstrafen: Die Höhe der Strafe muss in einem angemessenen Verhältnis zum möglichen Schaden stehen.
  • „Strafen“ für Bagatellverstöße: Vertragsstrafen für geringfügige Verstöße sind in der Regel unzulässig.

Fazit

Vertragsstrafen im Arbeitsrecht sind ein wirksames Mittel, um die Einhaltung von Vertragspflichten zu sichern. Allerdings müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein.

Im Zweifel sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen.

Zusätzliche Informationen:

  • Rechtsprechung: Die Rechtsprechung zum Thema Vertragsstrafen ist umfangreich. Es gibt zahlreiche Gerichtsurteile, die sich mit der Zulässigkeit von Vertragsstrafen in verschiedenen Konstellationen befassen.
  • Individualvereinbarungen: Die Regelungen zu Vertragsstrafen können im Arbeitsvertrag individuell angepasst werden.
  • Betriebsvereinbarungen: In manchen Fällen können Regelungen zu Vertragsstrafen auch in Betriebsvereinbarungen getroffen werden.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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