Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Auskunftserteilung durch notarielles Nachlaßverzeichnis OLG Oldenburg 5 U 126/92
Hintergrund und Parteien
In diesem Fall klagten die Kinder und Erben des verstorbenen Dr. S., um Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend zu machen.
Dr. S. war der einzige gesetzliche Erbe seiner am 16. Januar 1990 verstorbenen Ehefrau M.
Das Ehepaar hatte 1969 geheiratet und lebte in Gütertrennung.
Die verstorbene M. setzte die Beklagte als Alleinerbin ein und vermachte ihrem Ehemann bestimmte Vermächtnisse, die bei Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen entfallen sollten.
Sie übertrug außerdem ihr Hausgrundstück auf die Beklagte ohne Gegenleistung und bewilligte eine Eigentümergrundschuld, die später gelöscht wurde.
Über die Zahlung dieser Grundschuld bestand Streit.
Klage und Forderungen
Die Kläger verlangten im Rahmen einer Stufenklage:
Ein notarielles Nachlassverzeichnis über den Nachlass der verstorbenen M.
Auskunft über etwaige Gegenleistungen für die Übertragung des Hausgrundstücks und über nach der Grundstücksübertragung getätigte Investitionen.
Verteidigung der Beklagten
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und behauptete, umfassend Auskunft erteilt zu haben.
Sie argumentierte, dass die Erstellung eines notariellen Verzeichnisses unnötig sei, da der Hausrat bereits verteilt worden sei.
Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht gab der Klage statt und sah keinen Grund, die Beklagte von der Auskunftspflicht zu befreien.
Daraufhin legte die Beklagte Berufung ein und wiederholte ihre Argumente aus der ersten Instanz, wobei sie zusätzlich den Kostenausspruch angriff.
Berufungsentscheidung des OLG Oldenburg
Das OLG Oldenburg entschied teilweise zugunsten der Beklagten.
Notarielles Nachlassverzeichnis:
Das Gericht stellte fest, dass den Klägern ein Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis zusteht.
Dieser Anspruch ist unabhängig von vorhergehenden privaten Verzeichnissen und wird nicht durch solche erfüllt.
Der Anspruch wurde nicht rechtsmissbräuchlich geltend gemacht, da substanzielle Unklarheiten über den Nachlass bestehen.
Auskunft über Gegenleistungen und Investitionen:
Die Beklagte hatte ausreichende Auskunft über die Zahlung der Grundschuld und die Investitionen erteilt.
Diese Auskünfte wurden durch vorgelegte Dokumente und Gutachten bestätigt.
Rechtliche Begründung
Das Gericht betonte, dass Pflichtteilsberechtigte gemäß §§ 2314 Abs. 1 S. 1 und 3, 260 Abs. 1 BGB ein Anrecht auf ein von einem Notar erstelltes Verzeichnis haben, da dies eine höhere Richtigkeitsgarantie bietet.
Der Anspruch auf ein notarielles Verzeichnis besteht unabhängig von bereits erteilten privaten Auskünften.
Der Rechtsmissbrauchseinwand der Beklagten wurde abgelehnt, da die Kläger konkrete Unklarheiten vorgetragen hatten.
Kostenentscheidung
Das Landgericht wurde kritisiert, da eine Teilkostenentscheidung nur dann getroffen werden sollte, wenn sie unabhängig vom Ausgang des restlichen Verfahrens ist.
Die endgültige Kostenentscheidung sollte daher im Schlussurteil getroffen werden.
Schlussfolgerung
Das OLG Oldenburg bestätigte den Anspruch der Kläger auf ein notarielles Nachlassverzeichnis, wies jedoch den Antrag auf weitergehende Auskünfte
über Gegenleistungen und Investitionen ab, da diese bereits erfüllt worden waren.
Die Entscheidung betont die Wichtigkeit detaillierter und qualifizierter Auskunftspflichten im Erbrecht und die strenge Beachtung der formellen Anforderungen an die Nachlassauskunft.
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