Anspruch Rückübertragung Grundstück aufgrund Wiederkaufsrecht aus städtebaulichem Vertrag
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Dezember 2022 (V ZR 144/21) befasst sich mit der Wirksamkeit eines Wiederkaufsrechts,
das eine Gemeinde in einem städtebaulichen Vertrag vereinbart hat.
Im Kern geht es um die Frage, ob ein solches Wiederkaufsrecht auch dann wirksam ist, wenn keine explizite Ausübungsfrist vereinbart wurde
und das Grundstück nicht unter dem Verkehrswert verkauft wurde.
Eine Marktgemeinde in Bayern verkaufte 1994 ein Grundstück an einen privaten Käufer (Beklagten) zu einem marktgerechten Preis.
Im Kaufvertrag verpflichtete sich der Käufer, innerhalb von acht Jahren ein Wohngebäude auf dem Grundstück zu errichten.
Für den Fall, dass der Käufer dieser Verpflichtung nicht nachkommt oder das Grundstück unbebaut weiterveräußert, vereinbarten die Parteien ein Wiederkaufsrecht zugunsten der Gemeinde.
Der Käufer errichtete kein Wohngebäude, und die Gemeinde machte 2014 von ihrem Wiederkaufsrecht Gebrauch.
Der BGH entschied, dass das Wiederkaufsrecht der Gemeinde wirksam ist. Die wesentlichen Punkte der Entscheidung sind:
Der BGH stellte fest, dass das Wiederkaufsrecht auch ohne explizite Ausübungsfrist und bei einem Verkauf zum marktgerechten Preis angemessen ist.
Die gesetzliche Regelung des § 462 Satz 1 BGB sieht für Grundstücke eine Ausübungsfrist von 30 Jahren vor, wenn keine andere Frist vereinbart wurde.
Die Vereinbarung von Bauverpflichtungen in städtebaulichen Verträgen dient der Sicherstellung der Ziele der Bauleitplanung und der Verhinderung von Grundstücksspekulationen.
Die Gemeinde ist berechtigt, den Käufer zur Bebauung des Grundstücks zu verpflichten und diese Verpflichtung durch ein Wiederkaufsrecht abzusichern.
Ein Preisnachlass ist nicht erforderlich, da die Bebauungsverpflichtung für den Erwerber eines Baugrundstücks in der Regel keine unzumutbare Belastung darstellt.
Die 30-jährige Ausübungsfrist stellt keinen unangemessenen Vorteil für die Gemeinde dar, da sie der Gemeinde ermöglicht, flexibel auf individuelle Umstände zu reagieren.
Der BGH grenzte den vorliegenden Fall von seiner bisherigen Rechtsprechung zum „Einheimischenmodell“ ab.
Beim „Einheimischenmodell“ werden Grundstücke verbilligt an Einheimische verkauft, und die Ausübungsfrist
für das Wiederkaufsrecht muss in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe des Preisnachlasses stehen.
Im vorliegenden Fall wurde das Grundstück jedoch zum marktgerechten Preis verkauft, und es wurden keine langfristigen Bindungen auferlegt, die eine besondere Rechtfertigung erfordern würden.
Der BGH entschied, dass Rechtshandlungen, die ein Bayerischer Bürgermeister vor dem 31 März 2018 durchgeführt hatte,
auch ohne Gemeinderatsbeschluss gültig waren, aufgrund seiner unbegrenzten Befugnisse zu der Zeit.
Erst durch § 2 Ziffer 10 des Gesetzes zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und anderer Gesetze (BayGVBl. 2018, 145) wurde mit Wirkung zum 1. April 2018 (siehe § 7 des Gesetzes) der
die Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters beschränkende Satz 2 in Art. 38 Abs. 1 GO BY eingefügt.
Bedeutung der Entscheidung:
Das Urteil des BGH stärkt die Position der Gemeinden bei der Durchsetzung von Bauverpflichtungen in städtebaulichen Verträgen.
Es verdeutlicht, dass Gemeinden auch ohne Preisnachlass und ohne explizite Ausübungsfrist ein wirksames Wiederkaufsrecht vereinbaren können, um die Ziele der Bauleitplanung zu erreichen.
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