Ansprüche aus Mietshaus-Verwaltervertrag

Oktober 26, 2025

Ansprüche aus Mietshaus-Verwaltervertrag

BGH Urteil vom 16.5.2024 – III ZR 196/22

Die nachfolgende Zusammenfassung erklärt die wesentlichen Aspekte des BGH-Urteils zum Streit um Ansprüche aus einem Mietshaus-Verwaltervertrag.

Ansprüche aus Mietshaus-Verwaltervertrag: Das BGH-Urteil

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Mai 2024 befasst sich mit einem komplexen Rechtsstreit zwischen der Eigentümerin von drei Mietshäusern (Klägerin) und ihrer Tochter, die die Hausverwaltung (Beklagte) innehatte.

Der Kern des Streits drehte sich um die Beendigung des Verwaltervertrags und die sich daraus ergebenden wechselseitigen Zahlungs-, Abrechnungs- und Herausgabeansprüche.

Das Gericht musste insbesondere klären, ob das vorangegangene Kammergericht (KG) bei seiner Entscheidung formelle Fehler gemacht hatte, die die Rechte der Beklagten verletzten.

1. Der Ausgangspunkt: Der Verwaltervertrag und seine Kündigung

Die Klägerin hatte der Beklagten die Verwaltung ihrer Mietshäuser übertragen. Der Vertrag sah eine feste Laufzeit bis zum 31. Dezember 2016 vor, mit einer automatischen Verlängerung um fünf Jahre, wenn nicht fristgerecht gekündigt würde.

Nachdem für die Klägerin eine Betreuung eingerichtet und ein neuer Betreuer bestellt wurde, forderte dieser Unterlagen von der Beklagten an. Es kam zu Unstimmigkeiten, woraufhin der Betreuer im Dezember 2017 und Januar 2018 die außerordentliche (fristlose) Kündigung des Verwaltervertrags erklärte.

Die Klägerin machte unter anderem geltend, die Beklagte habe zu hohe Beträge vereinnahmt und Kosten falsch auf Mieter umgelegt. Die Beklagte hingegen verlangte mit einer Widerklage die Verwaltervergütung auch für die Zeit ab Februar 2018, da sie die Kündigung für unwirksam hielt.

2. Die Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Landgericht (LG)

Das LG Berlin verurteilte die Beklagte zur Abrechnung, zur Herausgabe von Unterlagen und zur Zahlung eines geringen Betrags. Im Gegenzug gab es der Widerklage der Beklagten teilweise statt (wegen zunächst nicht abgerechneter Umsatzsteuer), wies aber ihren Anspruch auf Verwaltervergütung ab Februar 2018 ab.

Das Kammergericht (KG)

Das KG wies die Berufung der Beklagten zurück, die sich gegen die Verurteilung zur Abrechnung/Herausgabe und die Abweisung der Vergütungsansprüche ab Februar 2018 richtete.

Ansprüche aus Mietshaus-Verwaltervertrag

Abrechnung und Herausgabe:

Das KG sah die Berufung als unzulässig an, da die Berufungsbegründung nicht alle Begründungen des LG ausreichend angegriffen habe.

Vergütungsanspruch (ab Februar 2018):

Das KG hielt zwar eine fristlose Kündigung für unwirksam (fehlende Abmahnung). Es wertete die Kündigungserklärung des Betreuers jedoch als wirksame ordentliche Kündigung. Es begründete dies damit, dass die Beklagte sich rechtsmissbräuchlich nicht auf die Vertragsverlängerungsklausel berufen dürfe, da sie den Betreuer nicht unaufgefordert über diese informiert habe, obwohl sie von der Betreuung wusste. Damit endete das Vertragsverhältnis nach Ansicht des KG bereits zum 31. Januar 2018.

3. Die Bewertung durch den Bundesgerichtshof (BGH)

Der BGH hob das Urteil des KG teilweise auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Er beanstandete zwei Hauptpunkte:

A. Überzogene Anforderungen an die Berufungsbegründung

Der BGH kritisierte, dass das KG die Berufung der Beklagten bezüglich der Abrechnungsverpflichtung als unzulässig verworfen hatte. Ein Gericht darf die Anforderungen an eine Berufungsbegründung nicht überspannen und dadurch den Zugang zur nächsthöheren Instanz unzulässig erschweren.

Die Begründung muss die Umstände darlegen, die das Urteil der Vorinstanz aus Sicht des Rechtsmittelführers infrage stellen.

Hinsichtlich der Abrechnung hatte die Beklagte die Begründungen des LG – auch jene, die nichts mit der Kündigungsfrage zu tun hatten (z. B. Verjährung, Verwirkung) – ausreichend angegriffen. Daher verletzte das KG das Grundrecht der Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz.

Anders sah der BGH es jedoch bei der Herausgabepflicht der Unterlagen:

Hier hatte sich die Berufungsbegründung allein auf die Kündigungsfrage konzentriert und die zusätzliche, selbstständig tragende Begründung des LG (Herausgabeanspruch besteht auch während eines laufenden Vertrages) nicht angegriffen. Diesbezüglich blieb die Verwerfung der Berufung bestehen.

B. Verstoß gegen die Hinweispflicht (Überraschungsentscheidung)

Der BGH sah einen Verstoß gegen die Hinweispflichten des Gerichts (§ 139 ZPO), die dem Schutz vor Überraschungsentscheidungen und dem Anspruch auf rechtliches Gehör dienen.

Das KG hatte die Vergütungsansprüche ab Februar 2018 abgewiesen, indem es von der ursprünglich diskutierten außerordentlichen Kündigung abrückte und stattdessen eine wirksame ordentliche Kündigung annahm.

Mit dieser Begründung musste die Beklagte nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen, insbesondere weil der Vertrag befristet war. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung lag nicht nahe.

Das Gericht hätte die Parteien unmissverständlich auf diesen für die Entscheidung relevanten neuen rechtlichen Gesichtspunkt hinweisen und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme geben müssen. Allgemeine oder pauschale Hinweise reichen hierfür nicht aus.

Da der BGH nicht ausschließen konnte, dass die Beklagte bei einem Hinweis anders vorgetragen und das KG zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wurde das Urteil auch in diesem Punkt aufgehoben.

Fazit und Ausblick

Der BGH entschied, dass das KG die Beklagte in ihren Grundrechten verletzt hat. Die Sache muss nun an das KG zurückverwiesen werden. Dort muss das Gericht die Argumente der Beklagten zur ordentlichen Kündigung berücksichtigen und die Zulässigkeit der Berufung gegen die Abrechnung erneut prüfen.

Das Urteil unterstreicht, wie wichtig im deutschen Zivilprozess die Einhaltung der formalen Anforderungen bei Rechtsmitteln und die Hinweispflichten der Gerichte sind, um den Parteien ein faires Verfahren zu garantieren.

RA und Notar Krau

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