LAG Niedersachsen 17 Sa 764/17

Juli 25, 2021

Antrag Arbeitgeber § 9 Abs I 2 KSchG auf Auflösung Arbeitsverhältnis – LAG Niedersachsen 17 Sa 764/17

Zusammenfassung RA und Notar Krau

In dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (Az. 17 Sa 764/17) vom 17. Mai 2018 wird der Antrag eines Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG behandelt.

Der Arbeitgeber, ein Klinikkonzern, hatte eine fristlose sowie hilfsweise ordentliche Kündigung gegen einen Verwaltungsdirektor ausgesprochen und zudem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung beantragt.

Die Hauptpunkte des Falles und die Entscheidung des Gerichts sind wie folgt:

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Verwaltungsdirektor einer rechtlich eigenständigen Klinik innerhalb eines größeren Klinikkonzerns, wurde entlassen, weil er angeblich seine Kompetenzen überschritten habe.

Er hatte die Entscheidung des neuen Chefarztes der gynäkologischen Abteilung, keine Schwangerschaftsabbrüche nach der sogenannten Fristenregelung mehr durchzuführen, akzeptiert und öffentlich unterstützt.

Diese Entscheidung führte zu medialer Berichterstattung und politischer Diskussion.

Antrag Arbeitgeber § 9 Abs I 2 KSchG auf Auflösung Arbeitsverhältnis – LAG Niedersachsen 17 Sa 764/17

Die Klinikleitung behauptete, der Kläger habe ohne Rücksprache mit der Geschäftsführung gehandelt und gegen interne Kommunikationsrichtlinien verstoßen.

Arbeitsgericht Lüneburg:

Das Arbeitsgericht hatte entschieden, dass die Kündigungen unwirksam waren, da weder ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorlag noch die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung erfüllt waren.

Eine Abmahnung hätte erfolgen müssen, bevor eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden konnte.

Zudem wurde der Auflösungsantrag des Arbeitgebers abgewiesen, weil der Kläger im Verhältnis zur Beklagten keine leitende Angestelltenfunktion innehatte, die eine solche Auflösung ohne Begründung gemäß § 14 Abs. 2 KSchG rechtfertigen würde.

Berufung der Beklagten:

Die Beklagte legte Berufung ein und argumentierte, dass der Kläger als leitender Angestellter im Tochterunternehmen einzustufen sei und deshalb der Auflösungsantrag keiner Begründung bedürfe.

Zudem wiederholte sie ihre Vorwürfe bezüglich der Kompetenzüberschreitungen und des vertragswidrigen Verhaltens des Klägers.

Antrag Arbeitgeber § 9 Abs I 2 KSchG auf Auflösung Arbeitsverhältnis – LAG Niedersachsen 17 Sa 764/17

Entscheidung des LAG Niedersachsen:

Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Beklagten zurück.

Es bestätigte, dass die Kündigungen unwirksam waren, da die Pflichtverletzungen des Klägers nicht so gravierend waren, dass sie eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt hätten.

Auch für die ordentliche Kündigung war die Abmahnung erforderlich.

Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers bedurfte einer Begründung, da der Kläger im Verhältnis zur Beklagten keine leitende Angestelltenfunktion ausübte, die eine Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 KSchG rechtfertigen würde.

Der Kläger war lediglich im Betrieb der Tochtergesellschaft als leitender Angestellter tätig, was nicht ausreichte, um die Anwendbarkeit der Ausnahme zu begründen.

Weiterbeschäftigung:

Das LAG Niedersachsen bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass die Beklagte den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen hat.

Zusammenfassung:

Die Berufung der Beklagten wurde abgewiesen.

Die Kündigungen des Klägers waren unwirksam, da die Pflichtverletzungen nicht so gravierend waren, dass sie eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigten.

Der Auflösungsantrag bedurfte einer Begründung, da der Kläger im Verhältnis zur Beklagten keine leitende Angestelltenfunktion innehatte.

Die Beklagte wurde zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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