Antrag auf revisionsgerichtliche Abänderung einer Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung

Oktober 25, 2025

Antrag auf revisionsgerichtliche Abänderung einer Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung

Dieser Text fasst einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26. März 2024 (VIII ZR 22/24) zusammen.

Er betrifft den Antrag eines Schuldners auf Abänderung der Art und Höhe einer Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, die in einem Berufungsurteil angeordnet wurde.

1. Hintergrund: Worum geht es?

In Zivilprozessen wird oft ein Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt, bevor es rechtskräftig ist. Das bedeutet, dass die obsiegende Partei (hier die Klägerin, Kl.) bereits mit der Zwangsvollstreckung beginnen darf, um ihre Ansprüche (Geldzahlung) durchzusetzen.

Zum Schutz der unterlegenen Partei (hier die Beklagte, Bekl.) sieht die Zivilprozessordnung (ZPO) oft vor, dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers (Kl.) stattfinden darf.

Gleichzeitig kann der Schuldner (Bekl.) die Zwangsvollstreckung oft abwenden, indem er selbst eine Sicherheit leistet (sog. Abwendungsbefugnis, § 711 ZPO).

Die Höhe dieser Sicherheit beträgt meist 110 % des zu vollstreckenden Betrags.

Im konkreten Fall war die Beklagte in erster Instanz (Landgericht) und in der Berufung (Oberlandesgericht, OLG) zur Zahlung von rund 168.000 EUR plus Zinsen und Kosten verurteilt worden. Das OLG hatte entschieden, dass die Beklagte die Zwangsvollstreckung abwenden kann, wenn sie eine Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags leistet.

Die Beklagte legte gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim BGH ein.

2. Die Anträge der Beklagten an den BGH

Noch bevor der BGH über die Nichtzulassungsbeschwerde entschied, stellte die Beklagte einen Antrag auf gerichtliche Abänderung der im Berufungsurteil angeordneten Sicherheitsleistung:

Änderung der Art:

Die Beklagte wollte anstelle einer gesetzlich vorgesehenen Bankbürgschaft oder Hinterlegung von Geld (§ 108 I ZPO) eine Bürgschaft einer „Partnerfirma“ stellen dürfen.

Änderung der Höhe:

Die Beklagte wollte die Höhe der Sicherheitsleistung auf die Hauptforderung (167.790 EUR) beschränken und nicht auf den Gesamtbetrag (Hauptforderung, Zinsen, Kosten).

Antrag auf revisionsgerichtliche Abänderung einer Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung

3. Die Entscheidung des BGH:

Unzulässigkeit der Anträge – Der BGH erklärte beide Anträge als unzulässig und lehnte sie ab.

3.1. Antrag auf Herabsetzung der Sicherheit (Höhe)

Dem Antrag auf Herabsetzung der Sicherheit fehlt die gesetzliche Grundlage.

Höhe ist bereits bestimmt:

Die Festsetzung auf 110 % des „vollstreckbaren Betrags“ (§ 711 S. 2 i.V.m. § 709 S. 2 ZPO) ist nach Auffassung des BGH ausreichend bestimmt. Der vollstreckbare Betrag umfasst nicht nur die Hauptforderung, sondern auch Zinsen und festgesetzte Kosten. Eine weitere summenmäßige Bezifferung durch das Gericht ist nicht nötig.

Keine gesetzliche Regelung zur Herabsetzung:

Die ZPO sieht keine Möglichkeit vor, die Höhe der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zu leistenden Sicherheit (§ 711 ZPO) durch das Revisionsgericht (BGH) herabzusetzen.

Widerspruch zum Gesetz:

Eine Überprüfung der Angemessenheit der Sicherheitsleistung durch den BGH würde § 718 II ZPO widersprechen, wonach die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit in der Berufungsinstanz nicht angefochten werden kann

3.2. Antrag auf Abänderung der Art der Sicherheit

Der Antrag auf Zulassung der Bürgschaft einer „Partnerfirma“ (Art der Sicherheit) ist ebenfalls unzulässig, da der BGH dafür nicht zuständig ist.

Zuständigkeit liegt beim Berufungsgericht:

Grundsätzlich ist für die Bestimmung und Abänderung der Art einer Sicherheitsleistung das Gericht zuständig, das sie angeordnet hat. Im vorliegenden Fall ist das das Oberlandesgericht (Berufungsgericht), da erst dessen Urteil die Verpflichtung der Beklagten zur Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollstreckung begründet hat.

Kein Ausnahmefall:

Der BGH ist nur in Ausnahmefällen zuständig (z.B. wenn das zuständige Gericht den Antrag unanfechtbar abgelehnt hat und besondere Eilbedürftigkeit besteht). Die Beklagte hatte es jedoch versäumt, den Antrag beim zuständigen OLG zu stellen.

Der bloße Umstand, dass die Zwangsvollstreckung eingeleitet wurde, begründet die Zuständigkeit des BGH nicht, solange die Beklagte ihren Antrag noch beim OLG hätte stellen können.

Fehlende Begründung:

Unabhängig von der Zuständigkeit hatte die Beklagte auch keine ausreichenden Gründe für die Änderung dargelegt: Sie hat nicht erklärt, warum ihr eine Bankbürgschaft (§ 108 I S. 2 ZPO) nicht möglich sei.

Sie hat nicht nachgewiesen, dass die Bürgschaft ihrer „Partnerfirma“ den gleichen Sicherungszweck wie eine gesetzlich vorgesehene Sicherheit erfüllt, insbesondere fehlen hinreichende Angaben zur Vermögenslage und Liquidität dieser Firma.

4. Fazit

Der BGH hat klargestellt, dass die Abänderung einer zur Vollstreckungsabwendung angeordneten Sicherheitsleistung in der Revisionsinstanz nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Eine Herabsetzung der Höhe ist gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Änderung der Art muss grundsätzlich beim Gericht beantragt werden, das die Sicherheit angeordnet hat (hier das OLG), und ist nur zulässig, wenn die Ersatzsicherheit den gleichen Schutz bietet wie die gesetzlichen Formen.

RA und Notar Krau

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