Anwaltshaftung bei Nichterhebung des Vorbehalts der Einrede der beschränkten Erbenhaftung – OLG Koblenz 13 U 402/16

November 7, 2020

Anwaltshaftung bei Nichterhebung des Vorbehalts der Einrede der beschränkten Erbenhaftung – OLG Koblenz 13 U 402/16

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Klägerin, Erbin ihres verstorbenen Ehemanns, nahm den Beklagten, ihren ehemaligen Rechtsanwalt, auf Schadensersatz wegen behaupteter Schlechterfüllung eines Anwaltsmandats in Anspruch.

Der Beklagte hatte in einem Vorprozess gegen die Klägerin als Erbin versäumt, die Einrede der beschränkten Erbenhaftung zu erheben.

Die Klägerin machte geltend, dass der Nachlass überschuldet gewesen sei und der Beklagte ihr daher zur Ausschlagung der Erbschaft hätte raten müssen.

Das Landgericht wies die Klage ab, da die Klägerin die Überschuldung des Nachlasses nicht nachgewiesen hatte.

Problematik:

  • Pflichtverletzung des Rechtsanwalts: Fraglich war, ob der Beklagte seine Pflichten als Rechtsanwalt verletzt hatte, indem er die Einrede der beschränkten Erbenhaftung nicht erhob.
  • Schadensersatz: Zu klären war, ob der Klägerin ein Schaden entstanden war und ob dieser kausal auf die Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführen war.
  • Haftungsumfang: Weiterhin war zu prüfen, in welchem Umfang die Klägerin für die Nachlassverbindlichkeiten haftete.

Anwaltshaftung bei Nichterhebung des Vorbehalts der Einrede der beschränkten Erbenhaftung – OLG Koblenz 13 U 402/16

Entscheidung des OLG Koblenz:

Das OLG Koblenz wies die Berufung der Klägerin zurück.

Ein Schadensersatzanspruch bestand nicht.

Begründung:

  • Pflichtverletzung: Der Beklagte hatte seine Pflichten als Rechtsanwalt verletzt, indem er die Einrede der beschränkten Erbenhaftung nicht erhob. Ein Rechtsanwalt ist grundsätzlich verpflichtet, diese Einrede zu erheben, auch wenn eine Überschuldung des Nachlasses nicht erkennbar ist.
  • Kein Schaden: Ein Schaden der Klägerin konnte nicht festgestellt werden. Sie hatte nicht nachgewiesen, dass der Nachlass überschuldet war und sie im Falle der Erhebung der Einrede nicht mit ihrem Privatvermögen hätte haften müssen.
  • Haftung nach §§ 25, 27 HGB: Die Klägerin haftete für einen Teil der Nachlassverbindlichkeiten persönlich nach §§ 25, 27 HGB, da sie das Einzelunternehmen ihres verstorbenen Ehemanns fortgeführt hatte.
  • Keine Haftung für Darlehen der GmbH: Für ein Darlehen, das die GmbH des Erblassers aufgenommen hatte, haftete die Klägerin nicht persönlich.
  • Nachlassinsolvenz: Die Klägerin hätte nach dem Vorprozess Nachlassinsolvenz beantragen müssen, um ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken.
  • Nachweis des Schadens: Die Klägerin hatte die ihr obliegende Beweislast für den Schaden nicht erbracht. Sie hatte insbesondere nicht nachgewiesen, welches Kontovermögen zum Nachlass gehörte und welche Nachlassverbindlichkeiten sie getilgt hatte.
  • Beweiswürdigung: Die vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten über den Wert der Beteiligungen an Einkaufsmärkten konnten die Zweifel an der Schadenshöhe nicht ausräumen.
  • Keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung: Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegten Kontoauszüge konnten nicht berücksichtigt werden.

Anwaltshaftung bei Nichterhebung des Vorbehalts der Einrede der beschränkten Erbenhaftung – OLG Koblenz 13 U 402/16

Wesentliche Aussagen des Urteils:

  • Pflichtverletzung: Ein Rechtsanwalt verletzt seine Pflichten, wenn er die Einrede der beschränkten Erbenhaftung nicht erhebt.
  • Schaden: Der Mandant muss den Schaden, der ihm durch die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts entstanden ist, darlegen und beweisen.
  • Haftungsumfang: Der Erbe haftet für Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich nur mit dem Nachlass. Ausnahmen gelten z.B. bei Fortführung eines Handelsgeschäfts.

Bedeutung für die Praxis:

Das Urteil verdeutlicht die Pflichten eines Rechtsanwalts im Erbrecht und die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterhebung der Einrede der beschränkten Erbenhaftung.

Es zeigt auf, dass der Mandant den Schaden darlegen und beweisen muss und dass der Umfang der Erbenhaftung von den Umständen des Einzelfalls abhängt.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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