Anwendbarkeit eines geänderten Kostenverteilungsschlüssels in der WEG

Juni 24, 2025

Anwendbarkeit eines geänderten Kostenverteilungsschlüssels in der WEG

BGH, 15.11.2024 - V ZR 239/23    

RA und Notar Krau

Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15. November 2024 ist wichtig für alle Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) in Deutschland. Es geht darum, wie Kosten innerhalb einer WEG verteilt werden dürfen, besonders wenn alte Vereinbarungen existieren.

Worum ging es?

Stell dir vor, du kaufst eine Wohnung in einem Gebäude, in dem der Dachboden noch nicht ausgebaut ist. In deiner Kaufvereinbarung steht, dass du kein Hausgeld und keine Beiträge zur Instandhaltungsrücklage zahlen musst, solange deine Wohnung nicht an die Versorgungsleitungen (Wasser, Strom etc.) angeschlossen ist. Das war hier bei den Klägern der Fall.

Später beschließt die Wohnungseigentümergemeinschaft, die Kostenverteilung zu ändern. Plötzlich sollen alle Eigentümer – auch die mit den noch nicht angeschlossenen Dachgeschosswohnungen – nach ihren Miteigentumsanteilen zahlen. Dieser erste Beschluss zur Kostenänderung wurde nicht angefochten und wurde damit gültig.

Als dann neue Wirtschaftspläne und Sonderumlagen beschlossen wurden, die die Kläger nach dem neuen Schlüssel zur Kasse baten, klagten diese. Sie sagten: „Das ist unfair! Laut unserer ursprünglichen Vereinbarung müssen wir nicht zahlen, solange unsere Wohnung nicht angeschlossen ist.“

Die Entscheidung der Gerichte

Amtsgericht:

Hat die Klage der Wohnungseigentümer abgewiesen. Es sah die Beschlüsse als gültig an.
Landgericht: Hat dem zugestimmt, dass die Beschlüsse nicht direkt „nichtig“ waren (also nicht von Anfang an ungültig). Aber das Gericht war der Meinung, dass die neuen Beschlüsse gegen eine „ordnungsgemäße Verwaltung“ verstießen, weil die ursprüngliche Kostenbefreiung der Kläger missachtet wurde.

Das Landgericht

hielt den ersten Beschluss zur Kostenänderung (vom 23. Juni 2021) für ungültig, weil die WEG nicht die Kompetenz gehabt hätte, eine solche Änderung gegen die bestehende Vereinbarung zu beschließen.

Bundesgerichtshof (BGH):

Der BGH hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben. Er hat entschieden, dass die Kläger die Beschlüsse, die auf der neuen Kostenverteilung basierten, nicht anfechten konnten, indem sie argumentierten, der ursprüngliche Beschluss zur Änderung der Kostenverteilung sei falsch gewesen.

Die Kernpunkte des BGH-Urteils (für Laien erklärt)

Einmal beschlossen, gilt es:

Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft einen gültigen Beschluss zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels fasst, muss dieser geänderte Schlüssel für alle zukünftigen Abrechnungen (Wirtschaftspläne, Jahresabrechnungen, Sonderumlagen) angewendet werden.

Anwendbarkeit eines geänderten Kostenverteilungsschlüssels in der WEG

Fehler im alten Beschluss?

Dann sofort anfechten! Wenn du der Meinung bist, der Beschluss zur Änderung der Kostenverteilung ist fehlerhaft oder ungerecht, musst du diesen direkt anfechten. Lässt du die Frist verstreichen und der Beschluss wird bestandskräftig (also rechtskräftig), kannst du spätere Beschlüsse (wie den Wirtschaftsplan oder Sonderumlagen), die auf diesem geänderten Schlüssel basieren, nicht mehr mit der Begründung anfechten, der alte Änderungsbeschluss sei falsch gewesen.

WEG hat mehr Macht als früher:

Der BGH betont, dass das neue Wohnungseigentumsgesetz (WEMoG), das seit dem 1. Dezember 2020 gilt, der Eigentümergemeinschaft mehr Möglichkeiten gibt, die Kostenverteilung zu ändern. Auch wenn es eine alte Vereinbarung gibt, die bestimmte Eigentümer von Kosten befreit, kann die Mehrheit der Eigentümer diese Befreiung per Beschluss aufheben. Dieses Recht der Mehrheit ist stark und schränkt „privilegierte“ Rechte ein.

Kein „unentziehbares“ Recht auf Kostenbefreiung:

Selbst wenn die ursprüngliche Vereinbarung so klang, als sei die Kostenbefreiung ein unantastbares Recht (wie hier der Dachausbau), heißt das nicht, dass die WEG diese Kostenverteilung nicht mehr ändern kann. Das Recht auf Ausbau bleibt, aber die Kostenbefreiung kann aufgehoben werden.

Was bedeutet das für Wohnungseigentümer?

Aufpassen bei Beschlüssen:

Nimm Eigentümerversammlungen ernst und informiere dich über geplante Beschlüsse, besonders wenn sie die Kostenverteilung betreffen.

Fristen beachten:

Wenn du mit einem Beschluss zur Kostenverteilung nicht einverstanden bist, musst du diesen innerhalb der gesetzlichen Frist anfechten. Wenn du das nicht tust, wird der Beschluss rechtskräftig und die neue Kostenverteilung gilt.

Das neue WEG-Gesetz:

Das Gesetz stärkt die Möglichkeiten der Gemeinschaft, Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie alte Vereinbarungen ändern.

Dieses Urteil macht deutlich, dass bestandskräftige Beschlüsse zur Kostenverteilung bindend sind und nicht nachträglich durch die Anfechtung nachfolgender Beschlüsse (wie Wirtschaftspläne) untergraben werden können. Es ist entscheidend, dass man die direkt die Beschlüsse angreift, die die Kostenverteilung ändern, wenn man damit nicht einverstanden ist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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