Arbeitnehmerstatus – Betreiber einer Waschstraße – Partnervertrag
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 12. November 2024 (9 AZR 205/23) befasst sich mit der Frage, ob der Betreiber einer Autowaschstraße,
der mit dem Inhaber einen „Partnervertrag“ geschlossen hat, als Arbeitnehmer oder als selbstständiger Gewerbetreibender einzustufen ist.
Der Kläger betrieb seit 2009 im Namen und für Rechnung der Beklagten, die bundesweit über 300 Autowaschstraßen unterhält, deren Waschstraße in H.
Grundlage war ein als „Partnervertrag“ bezeichnetes Schriftstück.
Dieser Vertrag sah vor, dass der Kläger den Betrieb als „selbstständiger Gewerbetreibender“ übernimmt.
Er konnte seine Tätigkeit und Arbeitszeit grundsätzlich frei gestalten und Personal einsetzen, für dessen Auswahl und Arbeitsbedingungen er allein verantwortlich war.
Die Einnahmen gehörten der Beklagten, der Kläger musste täglich abrechnen und erhielt eine umsatzabhängige Provision.
Die Verkaufspreise wurden von der Beklagten festgelegt, die Betriebszeiten wurden gemeinsam vereinbart und konnten einvernehmlich geändert werden.
Der Kläger zahlte ein umsatzabhängiges Nutzungsentgelt für die Überlassung der Waschstraße.
Er war verpflichtet, Sicherheitsprüfungen und Wartungsarbeiten gemäß einem Handbuch durchzuführen und die Waschstraße sauber und betriebsbereit zu halten.
Der Kläger war der Ansicht, dass er tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand und klagte auf Feststellung des Arbeitsverhältnisses sowie auf Zahlung von Arbeitsentgelt,
abzüglich der bereits erhaltenen Provisionen, basierend auf dem Gehalt eines angestellten Betriebsleiters.
Das LAG wies die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil ab.
Es kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht als Arbeitnehmer, sondern als freier Dienstnehmer für die Beklagte tätig war.
Das LAG würdigte sowohl die vertraglichen Bestimmungen als auch die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses.
Es stellte fest, dass der „Partnervertrag“ sowohl Elemente eines freien Dienstverhältnisses als auch Beschränkungen der Handlungsfreiheit des Klägers enthielt.
In der Gesamtbetrachtung überwogen jedoch die Umstände, die für eine selbstständige Tätigkeit sprachen.
Das BAG wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte damit das Urteil des LAG.
Das BAG bejahte zunächst die Zulässigkeit der Revision, da die Revisionsbegründung den gesetzlichen Anforderungen entsprach
und sich ausreichend mit den tragenden Gründen der Entscheidung des LAG auseinandersetzte.
Das BAG bestätigte auch die Zulässigkeit sowohl des Feststellungsantrags (Bestehen eines Arbeitsverhältnisses) als auch des Zahlungsantrags (Arbeitsentgelt),
den es als uneigentlichen Hilfsantrag einstufte, über den nur bei Begründetheit des Feststellungsantrags zu entscheiden wäre.
Das BAG kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Klage unbegründet ist, da das LAG ohne revisiblen Rechtsfehler entschieden habe,
dass der Kläger die Waschstraße nicht als Arbeitnehmer, sondern als freier Dienstnehmer betreibt.
Das BAG betonte, dass für die Feststellung des Arbeitnehmerstatus eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich ist (§ 611a Abs. 1 Satz 5 BGB).
Dazu gehören sowohl die vertraglichen Vereinbarungen als auch die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses.
Das BAG würdigte eine Vielzahl von Vertragsbestimmungen, die auf ein freies Dienstverhältnis hindeuten, wie die Bezeichnung des Klägers als „selbstständiger Gewerbetreibender“,
seine Befugnis, seine Tätigkeit und Arbeitszeit grundsätzlich frei zu gestalten und Personal einzusetzen.
Das BAG erkannte an, dass der „Partnervertrag“ auch Regelungen enthielt, die die Handlungsfreiheit des Klägers einschränkten,
wie die Festlegung der Preise durch die Beklagte, die Verpflichtung zur Durchführung von Wartungsarbeiten gemäß Handbuch und die Pflicht zur täglichen Abrechnung.
Das BAG hob hervor, dass der Kläger tatsächlich von seinem Recht Gebrauch machte, eigene Mitarbeiter einzustellen und deren Arbeitsbedingungen selbstständig auszuhandeln.
Auch die Änderung der Betriebszeiten erfolgte auf Wunsch des Klägers im gegenseitigen Einvernehmen.
Das BAG beanstandete nicht die Abwägung des LAG, das den Umständen, die für ein freies Dienstverhältnis sprachen (insbesondere die Befugnis zur Personaleinstellung und -kontrolle),
ein höheres Gewicht beimaß als den Beschränkungen der Handlungsfreiheit.
Das BAG wies die Argumente des Klägers bezüglich veränderter wirtschaftlicher Gegebenheiten und der Marktmacht der Beklagten zurück,
da diese Umstände keine direkten Indikatoren für ein weisungsgebundenes und fremdbestimmtes Arbeitsverhältnis darstellen.
„Unfaire“ Vertragsbedingungen müssten nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragskontrolle beurteilt werden.
Die Rüge des Klägers, das LAG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt, wurde als unzulässige Verfahrensrüge verworfen,
da der Kläger nicht konkret dargelegt habe, welchen Sachvortrag das LAG übergangen haben soll und dass das Urteil auf diesem Fehler beruht.
Das BAG bestätigte die Einschätzung des LAG, dass der Kläger im Rahmen des „Partnervertrags“ und der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses
nicht in einer persönlichen Abhängigkeit zur Beklagten stand, die für ein Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist.
Die Befugnis, die geschuldete Dienstleistung durch eigenes, selbstständig ausgewähltes und kontrolliertes Personal zu erbringen,
wog in der Gesamtbetrachtung schwerer als die bestehenden Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit.
Daher lag kein Arbeitsverhältnis, sondern ein freies Dienstverhältnis vor.
Da der Feststellungsantrag abgewiesen wurde, musste das BAG über den hilfsweise geltend gemachten Zahlungsantrag nicht entscheiden.
Der Kläger trug die Kosten seiner erfolglosen Revision.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.