Arbeitnehmerstatus eines Crowdworkers – BAG Urteil vom 1.12.2020 – 9 AZR 102/20
Von RA und Notar Krau
Die kontinuierliche Durchführung von Mikrojobs durch Crowdworker auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung mit dem Plattformbetreiber kann als Arbeitsverhältnis gewertet werden.
Dies gilt, wenn die Arbeit weisungsgebunden, fremdbestimmt und zur persönlichen Erbringung verpflichtet ist.
Tenor
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 4. Dezember 2019 wird in Teilen aufgehoben und zurückverwiesen.
Die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München wird im Übrigen zurückgewiesen.
Die Parteien streiten über die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses des Klägers, eines Crowdworkers, und die damit verbundenen Rechte und Pflichten.
Beklagte: Ein Crowdsourcing-Unternehmen, das über eine Online-Plattform Mikrojobs vergibt.
Kläger:
Arbeitete seit 4. Februar 2017 als Crowdworker für die Beklagte, mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und einer monatlichen Vergütung von 1.749,34 Euro.
Rahmenvereinbarung:
Schließt eine Verpflichtung zur Annahme von Aufträgen aus, erlaubt jedoch die persönliche Durchführung dieser nach detaillierten Vorgaben.
App-Nutzung:
Erforderlich für die Auftragsannahme und -durchführung, inklusive GPS-Tracking.
Auftragstypen:
Tool Checks und Mystery Checks, mit detaillierten Vorgaben zur Durchführung.
Am 10. April 2018 beendete die Beklagte die Zusammenarbeit mit dem Kläger per E-Mail.
Der Kläger klagte daraufhin auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses, Beschäftigung, Vergütung und Urlaubsansprüche.
Entscheidung des Gerichts
Feststellungsklage:
Der allgemeine Feststellungsantrag des Klägers wurde als unzulässig abgewiesen, da kein besonderes Feststellungsinteresse bestand.
Kündigungsschutzantrag:
Der Antrag des Klägers wurde als unbegründet zurückgewiesen, da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 24. Juni 2019 fristgerecht beendet wurde.
Beschäftigungsantrag und Urlaubsanspruch:
Diese wurden nicht zur Entscheidung gestellt, da die innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten war.
Vergütungsanspruch:
Der Fall wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da der Kläger Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit von April 2018 bis Juni 2018 hatte.
Arbeitnehmerstatus des Klägers:
Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer, da er weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit leistete.
Weisungsgebundenheit:
Die Kontrollaufträge waren durch die Beklagte stark vorgegeben und der Kläger hatte kaum eigene Gestaltungsmöglichkeiten.
Fremdbestimmung:
Die Nutzung der App und das Bewertungssystem führten zu einer faktischen Fremdbestimmung der Arbeit des Klägers.
Persönliche Leistungserbringung:
Der Kläger war durch die Nutzungsbedingungen zur persönlichen Durchführung der Aufträge verpflichtet.
Kontinuierliche Beschäftigung:
Die langfristige und regelmäßige Annahme von Aufträgen durch den Kläger führte zu einer Verklammerung der einzelnen Aufträge zu einem einheitlichen Arbeitsverhältnis.
Arbeitsverhältnis:
Die kontinuierliche und weisungsgebundene Tätigkeit des Klägers als Crowdworker erfüllte die Kriterien eines Arbeitsverhältnisses.
Vergütung:
Der Kläger hatte Anspruch auf die übliche Vergütung für seine Tätigkeit, da die vertraglich vereinbarte Vergütung nicht automatisch als Bruttoarbeitsentgelt anzusehen war.
Rechtliche Einordnung:
Die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses war maßgeblich für die rechtliche Einordnung als Arbeitsverhältnis, unabhängig von der vertraglichen Bezeichnung.
Konsequenzen
Das Urteil verdeutlicht, dass Crowdworker unter bestimmten Bedingungen als Arbeitnehmer anerkannt werden können, wenn ihre Tätigkeit durch den Plattformbetreiber stark fremdbestimmt und weisungsgebunden ist.
Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten von Crowdworkern, insbesondere in Bezug auf Kündigungsschutz, Vergütung und andere arbeitsrechtliche Ansprüche.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.