Arbeitnehmerüberlassung Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt
BAG Beschluss vom 16.12.2020 – 5 AZR 143/19 (A)
Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Dezember 2020 (5 AZR 143/19 (A)) behandelt zentrale Fragen zur Arbeitnehmerüberlassung und der Anwendung des „Equal Pay„-Prinzips, das sicherstellen soll,
dass Leiharbeitnehmer die gleichen Arbeitsbedingungen und das gleiche Entgelt erhalten wie vergleichbare Stammmitarbeiter des Entleihers.
Die wesentlichen Punkte des Beschlusses sind:
Eine Leiharbeitnehmerin klagt gegen ihren Arbeitgeber, einen Zeitarbeitsfirma, auf Zahlung des Differenzbetrags zwischen ihrem tatsächlich erhaltenen Lohn und dem Lohn, den vergleichbare
Stammmitarbeiter des Entleihers erhalten haben.
Die Klägerin erhielt einen Stundenlohn von 9,23 Euro, während vergleichbare Stammmitarbeiter 13,64 Euro erhielten.
Die Klägerin argumentiert, dass die tariflichen Abweichungen vom „Equal Pay“-Grundsatz gegen die EU-Richtlinie 2008/104/EG verstoßen.
Nationales Recht:
Das deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erlaubt es, durch Tarifverträge von dem Grundsatz der Gleichstellung abzuweichen, solange die Mindestlöhne nicht unterschritten werden.
Dies ist sowohl in der alten als auch in der neuen Fassung des AÜG geregelt.
EU-Recht:
Die Richtlinie 2008/104/EG fordert, dass die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Leiharbeitnehmer mindestens denen entsprechen, die für Stammmitarbeiter gelten würden.
Ausnahmen sind unter bestimmten Bedingungen möglich, solange der Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer gewährleistet ist.
Begriff des Gesamtschutzes:
Wie definiert sich der „Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern“ in der Richtlinie 2008/104/EG? Umfasst dieser Begriff mehr als die Mindestschutzbestimmungen des nationalen und Unionsrechts?
Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit abweichende tarifliche Regelungen als mit dem Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern vereinbar gelten?
Ist eine Prüfung des Gesamtschutzes im Vergleich zu den Arbeitsbedingungen im Entleiherbetrieb notwendig?
Verlangt der Gesamtschutz, dass Leiharbeitnehmer unbefristete Arbeitsverträge haben?
Vorgaben des nationalen Gesetzgebers:
Muss der nationale Gesetzgeber den Sozialpartnern spezifische Vorgaben zur Achtung des Gesamtschutzes machen,
wenn diese Tarifverträge abschließen dürfen, die vom Grundsatz der Gleichbehandlung abweichen?
Ausreichender Schutz durch nationale Regelungen:
Sind die deutschen gesetzlichen Regelungen seit dem 1. April 2017, die verschiedene Schutzmechanismen für Leiharbeitnehmer vorsehen, ausreichend,
um den Gesamtschutz zu gewährleisten?
Gilt dies auch für die Regelungen vor dem 31. März 2017, die keine zeitliche Begrenzung der Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz vorsahen?
Überprüfung durch nationale Gerichte:
Dürfen nationale Gerichte Tarifverträge, die vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, uneingeschränkt überprüfen?
Oder ist ein erheblicher Beurteilungsspielraum der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, der gerichtlich nur beschränkt überprüfbar ist?
Die Entscheidung des EuGH ist notwendig, um festzustellen, ob die deutschen Regelungen zur Abweichung vom Grundsatz der Gleichbehandlung durch Tarifverträge mit der EU-Richtlinie 2008/104/EG in Einklang stehen.
Diese Entscheidung beeinflusst, ob die Klägerin für die Überlassungszeit an den Entleiher eine zusätzliche Vergütung beanspruchen kann.
Wesentliche Überlegungen und mögliche Konsequenzen:
Der EuGH muss klären, wie der Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer definiert ist und ob er zusätzliche spezifische Schutzmechanismen umfasst.
Der EuGH muss entscheiden, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit abweichende Tarifverträge als schützend gelten.
Es muss geklärt werden, ob der nationale Gesetzgeber den Sozialpartnern konkrete Vorgaben zur Achtung des Gesamtschutzes machen muss.
Der EuGH muss festlegen, ob nationale Gerichte Tarifverträge uneingeschränkt auf die Achtung des Gesamtschutzes überprüfen dürfen oder ob ein Beurteilungsspielraum der Tarifvertragsparteien besteht.
Das Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht wird bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.
Insgesamt zielt dieser Beschluss darauf ab, die Vereinbarkeit nationaler Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung mit den Anforderungen des EU-Rechts zu klären,
insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung und den Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.