Arbeitsrecht Zulässigkeit einer technischen Überwachungseinrichtung

August 24, 2017

Arbeitsrecht Zulässigkeit einer technischen Überwachungseinrichtung

BAG 1 ABR 46/15

Beschluss vom 25.4.2017,

RA und Notar Krau

Ein Versicherungsunternehmen und der Gesamtbetriebsrat stritten über die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung (GBV)

zur Einführung einer „Belastungsstatistik“ für Schadenaußenstellen.

Diese sollte Ungleichgewichte in der Arbeitsbelastung und Produktivitätsunterschiede zwischen Mitarbeitern, Gruppen und Schadenaußenstellen erfassen und analysieren.

Dazu sollten diverse Kennzahlen über die Arbeitsleistung der Sachbearbeiter erfasst, gespeichert und ausgewertet werden.

Arbeitsrecht Zulässigkeit einer technischen Überwachungseinrichtung

Der Gesamtbetriebsrat sah darin einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer und focht die GBV an.

Kernaussage des Beschlusses:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Gesamtbetriebsrat Recht und erklärte die GBV für unwirksam.

Die lückenlose und dauerhafte Erfassung und Auswertung der Arbeitsleistung der Sachbearbeiter

stellt einen schwerwiegenden Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar, der nicht durch schutzwürdige Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt ist.

Begründung des Gerichts:

  • Eingriff in das Persönlichkeitsrecht:
    • Die GBV sieht eine umfassende und dauerhafte Überwachung der Sachbearbeiter vor.
    • Erfasst werden diverse Kennzahlen über die Arbeitsleistung, z.B. Anzahl bearbeiteter Vorgänge, Anrufe, Gesprächsdauer, Rückstände.
    • Die Daten werden gespeichert und in verschiedenen Berichten ausgewertet.
    • Dies führt zu einem ständigen Überwachungs- und Leistungsdruck.
    • Die Arbeitnehmer werden zum Objekt einer anonymen Überwachungstechnik.
  • Verhältnismäßigkeitsprüfung:
    • Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht sind nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig sind.
    • Die GBV ist unverhältnismäßig, da der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer zu schwerwiegend ist.
    • Die Datenerhebung ist zu umfassend und detailliert.
    • Die Arbeitnehmer werden ständig überwacht und bewertet.
    • Dies erzeugt einen dauerhaften Anpassungs- und Leistungsdruck.
  • Schutzwürdige Belange des Arbeitgebers:
    • Der Arbeitgeber hat zwar ein berechtigtes Interesse daran, die Belastungssituation der Arbeitnehmer zu analysieren und die Effizienz zu verbessern.
    • Dieses Interesse rechtfertigt jedoch nicht die umfassende und dauerhafte Überwachung der Arbeitnehmer.
    • Es gibt mildere Mittel, um die Ziele des Arbeitgebers zu erreichen.
  • Unwirksamkeit der GBV:
    • Die Unwirksamkeit der Regelungen zur Datenerhebung führt zur Unwirksamkeit der gesamten GBV.
    • Der verbleibende Teil der GBV ist ohne die Regelungen zur Datenerhebung nicht mehr sinnvoll.

Arbeitsrecht Zulässigkeit einer technischen Überwachungseinrichtung

Fazit:

Der Beschluss stärkt den Schutz des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern.

Arbeitgeber dürfen die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter nicht lückenlos und dauerhaft überwachen.

Die Überwachung muss verhältnismäßig und durch schutzwürdige Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt sein.

Zusätzliche Informationen:

  • Der Beschluss hat Bedeutung für die Praxis, da er die Grenzen der zulässigen Leistungs- und Verhaltenskontrolle von Arbeitnehmern aufzeigt.
  • Arbeitgeber sollten bei der Einführung von technischen Überwachungseinrichtungen sorgfältig prüfen, ob die Regelungen verhältnismäßig sind und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen.
  • Betriebsräte sollten die Einführung von Überwachungseinrichtungen kritisch begleiten und darauf achten, dass die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer gewahrt bleiben.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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