Auflösungsantrag des Arbeitgebers wegen übler Nachrede – LAG Hamburg 8 Sa 22/20
Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers wegen übler Nachrede ist ein arbeitsrechtliches Verfahren, bei dem der Arbeitgeber die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragt, weil der Arbeitnehmer durch ehrverletzende Äußerungen das Vertrauen des Arbeitgebers in ihn zerstört hat.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg befasste sich in seinem Urteil vom 08. Oktober 2020 (Az. 8 Sa 22/20) mit einem solchen Fall.
Im Folgenden wird das Urteil in seinen wesentlichen Punkten zusammengefasst.
Hintergrund des Falls
In dem zugrundeliegenden Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der in einer E-Mail an mehrere Kollegen und den Betriebsrat seinen Arbeitgeber der Lüge und anderer gravierender Verfehlungen bezichtigte.
Der Arbeitgeber sah darin eine schwerwiegende Verletzung des Arbeitsvertrauens und stellte daraufhin einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG (Kündigungsschutzgesetz).
Rechtlicher Rahmen
Nach § 9 KSchG kann ein Arbeitsverhältnis auf Antrag einer Partei durch das Gericht aufgelöst werden, wenn eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Antrag stellende Partei unzumutbar ist.
In diesem Fall muss der Arbeitgeber nachweisen, dass das Verhalten des Arbeitnehmers zu einer unüberbrückbaren Vertrauenskrise geführt hat.
Argumente des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber argumentierte, dass die Anschuldigungen des Arbeitnehmers haltlos und ehrverletzend seien.
Er führte aus, dass durch die Verbreitung der Vorwürfe eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens eingetreten sei und das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört wurde.
Der Arbeitgeber machte geltend, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr möglich sei, da die Kollegen ebenfalls das Vertrauen in den Arbeitnehmer verloren hätten.
Argumente des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer verteidigte sich, indem er behauptete, seine Aussagen seien durch die Meinungsfreiheit gedeckt und inhaltlich zutreffend.
Er betonte, dass er Missstände im Betrieb offenlegen wollte und sein Verhalten im Interesse des Unternehmens lag. Zudem stellte er in Frage, ob seine E-Mail tatsächlich eine derart gravierende Auswirkung auf das Vertrauensverhältnis gehabt habe.
Entscheidung des Gerichts
Das LAG Hamburg gab dem Arbeitgeber teilweise Recht.
Das Gericht stellte fest, dass die Äußerungen des Arbeitnehmers in der Tat ehrverletzend und geeignet waren, das Vertrauensverhältnis erheblich zu stören.
Es erkannte an, dass die Vorwürfe des Arbeitnehmers nicht ausreichend substantiiert und in der gewählten Form unangemessen waren.
Das Gericht bewertete die Schwere der Äußerungen und die daraus resultierende Vertrauenskrise als gravierend genug, um eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
Allerdings wies es auch darauf hin, dass nicht jede kritische Äußerung des Arbeitnehmers eine solche Maßnahme rechtfertigt, sondern eine Abwägung der Interessen beider Parteien erfolgen muss.
Folgen des Urteils
Das LAG Hamburg ordnete die Auflösung des Arbeitsverhältnisses an, setzte jedoch auch eine angemessene Abfindung für den Arbeitnehmer fest.
Die Höhe der Abfindung orientierte sich an der Dauer der Betriebszugehörigkeit und den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil des LAG Hamburg verdeutlicht, dass Arbeitgeber bei gravierenden Vertrauensbrüchen durch ehrverletzende Äußerungen des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis gerichtlich auflösen lassen können.
Dabei ist jedoch stets eine sorgfältige Prüfung der Umstände erforderlich, um eine Abwägung der beiderseitigen Interessen sicherzustellen.
Ehrverletzende Behauptungen können demnach eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauensverhältnis dauerhaft zu zerstören und eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar machen.
In der Praxis bedeutet dies für Arbeitnehmer, dass sie bei Kritik an ihrem Arbeitgeber stets auf eine sachliche und begründete Form achten sollten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Arbeitgeber hingegen sollten sorgfältig prüfen, ob eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich erforderlich und verhältnismäßig ist, bevor sie einen entsprechenden Antrag stellen.
Fazit
Der Fall des LAG Hamburg 8 Sa 22/20 zeigt die komplexen rechtlichen und faktischen Überlegungen, die bei einem Auflösungsantrag wegen übler Nachrede zu berücksichtigen sind.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer müssen sich der weitreichenden Konsequenzen bewusst sein, die ehrverletzende Äußerungen nach sich ziehen können.
Eine ausgewogene und rechtlich fundierte Vorgehensweise ist unerlässlich, um die Interessen beider Seiten angemessen zu wahren.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.