Aufnahme der neuen Gesellschafterliste in das Handelsregister

Mai 18, 2019

Aufnahme der neuen Gesellschafterliste in das Handelsregister  – OLG Nürnberg 12 W 669/18

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg) hat mit seinem Beschluss vom 12. April 2018 (Az. 12 W 669/18)

eine Zwischenverfügung des Amtsgerichts Amberg – Registergericht – aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Die Entscheidung betrifft die Eintragung eines neuen Geschäftsführers und die Aufnahme einer neuen Gesellschafterliste in das Handelsregister einer GmbH.

Sachverhalt:

Nach dem Tod des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH wurden dessen vier Abkömmlinge, zwei volljährige und zwei minderjährige, Gesellschafter.

In einer Gesellschafterversammlung beschlossen die Gesellschafter einstimmig, eine neue Person zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer zu bestellen

und ihn von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu befreien.

Die minderjährigen Gesellschafterinnen wurden in dieser Versammlung durch ihre Mutter vertreten, die selbst keine Gesellschafterin ist.

Die beiden volljährigen Gesellschafter, darunter der neu bestellte Geschäftsführer, waren persönlich anwesend.

Die Bestellung des neuen Geschäftsführers und die neue Gesellschafterliste wurden beim Amtsgericht Amberg – Registergericht – zur Eintragung in das Handelsregister eingereicht.

Das Amtsgericht erließ jedoch eine Zwischenverfügung, in der es mitteilte, dass die Eintragung derzeit nicht erfolgen könne.

Zur Begründung führte es an, dass der Gesellschafterbeschluss schwebend unwirksam sei, da die Mutter die beiden minderjährigen Gesellschafterinnen gleichzeitig vertreten habe,

obwohl sie gemäß § 181 BGB von einer solchen Vertretung ausgeschlossen gewesen sei.

Aufnahme der neuen Gesellschafterliste in das Handelsregister

Das Amtsgericht stützte sich dabei insbesondere auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 1990.

Gegen diese Zwischenverfügung legte die GmbH Beschwerde beim OLG Nürnberg ein. Das Amtsgericht Amberg half der Beschwerde nicht ab.

Entscheidung des OLG Nürnberg:

Das OLG Nürnberg gab der Beschwerde der GmbH statt und hob die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Amberg auf.

Es verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Zulässigkeit der Beschwerde:

Das OLG Nürnberg stellte zunächst fest, dass die Beschwerde zulässig sei.

Die angefochtene Entscheidung des Registergerichts sei eine Zwischenverfügung, die die Eintragung ablehne, und somit gemäß § 59 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in

Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) mit der Beschwerde anfechtbar.

Auch wenn § 382 Abs. 4 FamFG seinem Wortlaut nach nur Anmeldungen zur Eintragung erfasse und nicht die Aufnahme der Gesellschafterliste, sei eine am Zweck der Vorschrift

orientierte Auslegung geboten, wonach auch die Ablehnung der Aufnahme einer Gesellschafterliste beschwerdefähig sei.

Zudem handele es sich bei der vom Amtsgericht geforderten Bestellung von Ergänzungspflegern um ein behebbares Eintragungshindernis.

Die Beschwerde sei auch form- und fristgerecht eingelegt worden.

Begründetheit der Beschwerde:

Das OLG Nürnberg sah die Beschwerde als begründet an, da das Amtsgericht rechtsfehlerhaft ein Vollzugshindernis angenommen habe.

Das OLG Nürnberg stimmte dem Amtsgericht zwar darin zu, dass die Vertretung der minderjährigen Gesellschafterinnen durch ihre Mutter in der Gesellschafterversammlung

problematisch sein könne, da die Möglichkeit eines Ausschlusses der Vertretung gemäß § 1629 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 1795, 181 BGB in Betracht komme.

Aufnahme der neuen Gesellschafterliste in das Handelsregister

Das OLG Nürnberg kam jedoch zu dem Ergebnis, dass das Amtsgericht die Rechtssätze des vom BGH zitierten Urteils sowie den Regelungsgehalt des § 181 BGB verkannt habe.

Das OLG Nürnberg betonte, dass dem Urteil des BGH ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe.

In dem dortigen Fall habe ein Gesellschafter seine eigene Wahl zum Geschäftsführer dadurch ermöglicht,

dass er die Stimmen der von ihm vertretenen anderen Gesellschafter für sich selbst abgegeben habe.

In dieser Konstellation habe der BGH einen Interessenkonflikt gesehen, da das persönliche Interesse des sich selbst wählenden Gesellschafters

nicht mit den Interessen der vertretenen Gesellschafter identisch sei.

Zudem habe es sich bei der Geschäftsführerwahl in Verbindung mit dem Anstellungsvertrag nicht um eine rein gesellschaftsinterne Willensbildung gehandelt.

Im vorliegenden Fall sei die Situation anders.

Die Mutter der minderjährigen Gesellschafterinnen, die selbst keine Gesellschafterin sei, habe die Stimmen für ihre Kinder abgegeben.

Der neu bestellte Geschäftsführer habe keine anderen Gesellschafter bei seiner Wahl vertreten.

Zudem sei vorliegend nur über die Bestellung des Geschäftsführers und nicht auch über einen abzuschließenden Anstellungsvertrag beschlossen worden.

Das OLG Nürnberg führte weiter aus, dass das Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 1629 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 1795, 181 BGB

der Vertretung der minderjährigen Gesellschafterinnen durch ihre Mutter nicht entgegenstehe.

Der Normzweck des § 181 BGB ziele auf Rechtsgeschäfte ab, bei denen dieselbe Person auf beiden Seiten des Geschäfts auftrete und somit die Gefahr eines Interessenkonflikts bestehe.

Gesellschafterbeschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung und sonstige gemeinsame Angelegenheiten fielen nach dem Normzweck des § 181 BGB jedoch nicht darunter.

Bei solchen Beschlüssen gehe es um die verbandsinterne Willensbildung zur Verfolgung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks

und nicht um die Austragung individueller Interessengegensätze.

Eine Mehrfachvertretung sei daher möglich, wenn keine gegenläufigen Interessen bestünden.

Das OLG Nürnberg wies darauf hin, dass sich der BGH bisher nicht eindeutig dazu geäußert habe, ob ein gesetzlicher Vertreter einen Geschäftsführer, der nicht zu den in § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB

genannten Personen gehört, mit den Stimmen des vertretenen Minderjährigen wählen könne.

Zwar scheine der BGH in seinem Urteil von 1990 die Geschäftsführerbestellung als ein Grundlagengeschäft anzusehen,

auf das § 181 BGB ohne Rücksicht auf die Person des Geschäftsführers anzuwenden sei.

Aufnahme der neuen Gesellschafterliste in das Handelsregister

Entscheidend sei für den BGH aber auch der in der Regel folgende Anstellungsvertrag, wodurch es sich nicht um eine rein gesellschaftsinterne Willensbildung handele.

Im vorliegenden Fall sei jedoch nur über die Bestellung des Geschäftsführers beschlossen worden.

Das OLG Nürnberg argumentierte, dass eine Anwendung des § 181 BGB auf satzungsändernde Beschlüsse zwar mit dem Eingriff in die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander

begründet werden könne, dies aber nicht für die reine Geschäftsführerbestellung gelte, da diese keine Satzungsänderung

darstelle und nicht in das Verhältnis der Gesellschafter untereinander eingreife.

Das OLG Nürnberg kam daher zu dem Schluss, dass § 181 BGB der Vertretung der minderjährigen Gesellschafterinnen durch ihre Mutter bei der Beschlussfassung über die

Bestellung des neuen Geschäftsführers nicht entgegenstehe und der Gesellschafterbeschluss insoweit nicht schwebend unwirksam sei.

Die Bestellung von Ergänzungspflegern sei daher nicht erforderlich.

Da auch keine anderen Gründe für eine Unwirksamkeit des Beschlusses ersichtlich seien, stehe der Eintragung des neuen

Geschäftsführers in das Handelsregister kein Vollzugshindernis entgegen.

Auch für die Aufnahme der neuen Gesellschafterliste in das Handelsregister sah das OLG Nürnberg keine Hindernisse.

Zurückverweisung:

Da das OLG Nürnberg selbst nicht über den Eintragungsantrag und die Aufnahme der Gesellschafterliste entscheiden konnte,

verwies es die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung an das Amtsgericht Amberg – Registergericht – zurück.

Kosten und Rechtsbeschwerde:

Das OLG Nürnberg sah von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren ab, da die Beschwerde erfolgreich war.

Die Rechtsbeschwerde zum BGH wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen.

Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts sei weder zur Fortbildung des Rechts

noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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