BFH II R 26/19

Juni 8, 2022

BFH II R 26/19

Urteil vom 15.07.2021

aufschiebend bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten

RA und Notar Krau:

Sachverhalt:

Der Kläger erbte von seinem Vater ein Einzelunternehmen (A-Betrieb), das auf einem Grundstück in Z betrieben wurde.

Dieses Grundstück war zuvor an die J-GmbH verpachtet worden, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger war.

Das Finanzamt stellte fest, dass das Grundstück zum Verwaltungsvermögen gehört und daher nicht begünstigt ist.

Der Kläger war dagegen der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verwaltungsvermögen vorliegen,

da er und sein Vater sowohl den A-Betrieb als auch die J-GmbH faktisch beherrscht hätten.

BFH II R 26/19

Kernaussagen des Urteils:

  • Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts.
  • Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebskapitalgesellschaft faktisch beherrscht. Dazu ist eine Einwirkung mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts auf die Stimmrechte notwendig. Ein Einfluss nur auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung reicht nicht aus.
  • Wird ein Grundstück an eine Kapitalgesellschaft verpachtet, ist auch dann von einer steuerschädlichen Nutzungsüberlassung an Dritte auszugehen, wenn der Erwerber des Betriebsvermögens der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist.  
  • Zwei Betriebe bilden keinen Gleichordnungskonzern, wenn sie durch mehrere Personen beherrscht werden.

Detaillierte Darstellung des Urteils:

  1. Verwaltungsvermögen:

Gemäß § 13b ErbStG a.F. gehört zum begünstigten Vermögen inländisches Betriebsvermögen, jedoch mit Ausnahme von Verwaltungsvermögen.

Zum Verwaltungsvermögen gehören u.a. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke.

  1. Ausnahmen vom Verwaltungsvermögen:

Es gibt Ausnahmen von der Regel, dass ein an Dritte verpachtetes Grundstück Verwaltungsvermögen darstellt.

BFH II R 26/19

Eine Ausnahme liegt vor, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte.

Dies ist der Fall, wenn er in beiden Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte besitzt oder anderweitig faktisch beherrscht.   

  1. Keine faktische Beherrschung im Streitfall:

Der BFH stellte fest, dass der Erblasser im Streitfall die J-GmbH nicht faktisch beherrschte.

Er war nicht Gesellschafter der GmbH und hatte somit keine Stimmrechte.

Auch eine anderweitige Einflussnahme auf die Willensbildung in der GmbH war nicht ersichtlich.

  1. Keine Anwendung der weiteren Ausnahmen:

Der BFH prüfte auch die weiteren Ausnahmen vom Verwaltungsvermögen, die im Gesetz vorgesehen sind.

  • Die Ausnahme für die Verpachtung eines ganzen Betriebs an den Erben war nicht anwendbar, da der Kläger als Erbe nicht Pächter des Grundstücks war.
  • Die Ausnahme für Betriebe, die zu einem Gleichordnungskonzern gehören, war ebenfalls nicht erfüllt. Ein Gleichordnungskonzern liegt nur vor, wenn die Finanz- und Geschäftspolitik der Betriebe einheitlich durch eine Person bestimmt werden kann. Im Streitfall wurden der A-Betrieb und die J-GmbH jedoch durch zwei Personen (Erblasser und Kläger) beherrscht.
  1. Beweiswürdigung:

Der Kläger machte geltend, dass er und sein Vater eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gebildet hätten, die die Finanz- und Geschäftspolitik beider Betriebe einheitlich bestimmt habe.

Der BFH folgte jedoch der Beweiswürdigung des Finanzgerichts, wonach die Aussage der vom Kläger benannten Zeugin nicht glaubhaft war und keine GbR bestand.

BFH II R 26/19

  1. Verfahrensmangel:

Der Kläger rügte einen Verfahrensmangel, da das Finanzgericht keinen Beweis zu der Frage erhoben habe,

ob der A-Betrieb und die J-GmbH unter einer einheitlichen Unternehmensführung zusammengefasst waren.

Der BFH wies die Rüge zurück, da der Kläger diese Frage im Finanzgerichtsverfahren selbst hätte stellen können.

Fazit:

Das Urteil des BFH verdeutlicht die Voraussetzungen für die Ausnahmen vom Verwaltungsvermögen im Erbschaftsteuerrecht.

Es zeigt, dass eine faktische Beherrschung eines Unternehmens im Sinne von § 13b ErbStG a.F. nur dann gegeben ist,

wenn eine Einflussnahme auf die Stimmrechte und die Willensbildung im Unternehmen möglich ist.

Eine bloße Einflussnahme auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung reicht nicht aus.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Das Urteil ist rechtskräftig.
  • Die Kosten des Revisionsverfahrens trug der Kläger.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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