Aufstockung von Teilzeit auf Vollzeit – Anpassung der Vergütung
Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. Dezember 2023 – 5 AZR 168/23 – zum Thema Aufstockung von Teilzeit auf Vollzeit und der damit verbundenen Anpassung der Vergütung
Die Klägerin war zunächst von April 1998 bis Juni 2007 als Diplom-Physikingenieurin in der Strahlentherapie bei der beklagten Krankenhausträgerin beschäftigt.
Nach einer zwischenzeitlichen Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber kehrte sie zum 1. Mai 2014 in einem Teilzeitverhältnis (50 % einer Vollzeitstelle) zur Beklagten zurück.
Im Arbeitsvertrag wurde die Geltung des Bundes-Angestellten-Tarifvertrags in kirchlicher Fassung (BAT-KF) und eine Vergütung nach Entgeltgruppe 14 vereinbart.
Zusätzlich erhielt die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses eine monatliche „Leistungszulage“ von 250,00 Euro brutto, die nicht im schriftlichen Vertrag fixiert war.
Diese Zulage diente dem Ausgleich der Differenz zwischen ihrem vorherigen Gehalt und dem nach BAT-KF für die Teilzeitstelle möglichen Gehalt.
Ohne diese Kompensation wäre die Klägerin nicht zur Rückkehr bereit gewesen.
Im Jahr 2020 äußerte die Klägerin den Wunsch nach einer Aufstockung ihrer Arbeitszeit auf Vollzeit (38,5 Wochenstunden), was die Beklagte zunächst ablehnte.
Nach einer Klage der Klägerin gemäß § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) einigten sich die Parteien außergerichtlich auf eine Arbeitszeitaufstockung zum 1. Mai 2022.
Seither vergütete die Beklagte die Klägerin nach BAT-KF für eine Vollzeittätigkeit, weigerte sich jedoch, die Leistungszulage von 250,00 Euro auf 500,00 Euro brutto monatlich anzuheben.
Die Klägerin argumentierte, dass die seit Beginn des Arbeitsverhältnisses gewährte Zulage mit der Aufstockung auf Vollzeit proportional auf 500,00 Euro brutto monatlich steigen müsse,
da sie einen Teil ihrer Gesamtvergütung darstelle.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.
Das Landesarbeitsgericht gab der Berufung der Klägerin statt und verurteilte die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der erhöhten Leistungszulage,
wobei es den Leistungsantrag in einen Feststellungsantrag umdeklarierte.
Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision der Beklagten zurück und bestätigte im Ergebnis das Urteil des Landesarbeitsgerichts.
Es stellte jedoch klar, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Mai 2022 monatlich eine Leistungszulage von 500,00 Euro brutto zu zahlen.
Das BAG führte aus, dass der Anspruch auf Anpassung der Vergütung an die Arbeitszeitaufstockung nicht direkt aus § 9 TzBfG folge.
Während § 8 TzBfG Regelungen für die Verringerung der Arbeitszeit enthalte, fehle es in § 9 TzBfG an entsprechenden Bestimmungen für die Verlängerung der Arbeitszeit und deren Auswirkungen auf die Gegenleistung.
Der Gesetzgeber habe es den Arbeitsvertragsparteien überlassen, die Folgen einer Arbeitszeitverlängerung auf die Vergütung zu vereinbaren.
Lediglich das Diskriminierungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG schütze Teilzeitbeschäftigte vor schlechterer Behandlung bei der Vergütung im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten.
Dennoch sah das BAG die Klage als begründet an, da sich die Verpflichtung zur Erhöhung der Zulage aus einer ergänzenden Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergab.
Die mündliche Vereinbarung bei der Wiedereinstellung der Klägerin habe darauf abgezielt, die Differenz zu ihrem vorherigen Gehalt auszugleichen
und somit einen Teil ihrer synallagmatischen Gegenleistung für ihre Arbeitsleistung darzustellen.
Die Bezeichnung der Zulage als „Pauschale zu Abwerbungszwecken“ ändere nichts an ihrem Charakter als Vergütungsbestandteil.
Die Beklagte habe selbst in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz bestätigt, dass die Zulage zur Abbildung einer bestimmten Gehaltsvorstellung diente, die tariflich nicht abgebildet werden konnte.
Mit der Aufstockung der Arbeitszeit auf Vollzeit gerate das bisherige Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aus dem Gleichgewicht und bedürfe einer Anpassung.
Da sich die Parteien über die Höhe der Vergütung für die Vollzeitbeschäftigung nicht einigen konnten, liege eine Vertragslücke vor, die nicht durch dispositives Gesetzesrecht geschlossen werden könne.
Daher sei eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich.
Das BAG führte aus, dass redliche Vertragspartner bei einer Arbeitszeitaufstockung zumindest eine proportionale Erhöhung der Vergütung vereinbart hätten,
um dem erhöhten zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung Rechnung zu tragen.
Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien von dieser im Arbeitsleben üblichen Praxis hätten abweichen wollen.
Vielmehr habe die Beklagte in dem von ihr für die Vollzeitbeschäftigung angebotenen neuen Arbeitsvertrag selbst eine quotale Erhöhung der Vergütung vorgesehen,
lediglich die Leistungszulage dabei unberücksichtigt gelassen.
Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision der Beklagten zurück mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Mai 2022
monatlich eine Leistungszulage nicht nur in Höhe von 250,00 Euro brutto, sondern in Höhe von 500,00 Euro brutto zu zahlen.
Die Kosten der Revision trug die Beklagte.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts unterstreicht den Grundsatz der proportionalen Anpassung der Vergütung bei einer Aufstockung der Arbeitszeit von Teilzeit auf Vollzeit, insbesondere wenn eine
außertarifliche Zulage einen Ausgleich für ein vorheriges Gehalt darstellte und somit Teil der Gesamtvergütung ist.
Auch wenn § 9 TzBfG keine direkte Regelung hierzu enthält, kann sich ein Anspruch auf Anpassung aus einer ergänzenden Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ergeben,
basierend auf dem Willen redlicher Vertragspartner und der im Arbeitsleben üblichen Handhabung.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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