Auftrag Erblasser zur Vernichtung Testament nicht ausgeführt

August 19, 2017

Auftrag Erblasser zur Vernichtung Testament nicht ausgeführt

OLG München 31 Wx 33/11

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht München hatte sich in diesem Fall mit der Frage auseinanderzusetzen,

ob ein Testament wirksam widerrufen wurde, wenn der Erblasser einem Dritten den Auftrag zur Vernichtung der Testamentsurkunde erteilt, dieser Auftrag aber nicht ausgeführt wird.

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte zwei handschriftliche Testamente verfasst.

Im späteren Testament vom 23.06.2009 verfügte sie über ihr gesamtes Vermögen, bestehend aus einem Hausgrundstück und Barvermögen.

Beide Testamente wurden zu Lebzeiten der Erblasserin bei ihrem Neffen verwahrt.

Eine der Töchter (Beteiligte zu 1) machte geltend, die Erblasserin habe das Testament vom 23.06.2009 durch ihren Neffen vernichten lassen wollen.

Auftrag Erblasser zur Vernichtung Testament nicht ausgeführt

Dieser Auftrag sei jedoch nicht ausgeführt worden.

Rechtliche Grundlagen:

  • § 2254 BGB: Widerruf durch Testament
  • § 2255 BGB: Widerruf durch Vernichtung der Testamentsurkunde
  • § 2258 BGB: Aufhebung und Wiederaufleben von Testamenten

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG München wies die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurück. Das Testament vom 23.06.2009 war nicht wirksam widerrufen und daher maßgeblich für die Erbfolge.

Begründung:

  • Kein Widerruf durch Vernichtung: Die Testamentsurkunde wurde nicht vernichtet. Sie wurde nach dem Tod der Erblasserin unversehrt beim Nachlassgericht eingereicht.
  • Kein Widerruf durch Auftrag an Dritte: Ein Widerruf durch einen Dritten ist nur möglich, wenn dieser als „unselbstständiges Werkzeug“ des Erblassers handelt und keinen eigenen Entscheidungsspielraum hat. Im vorliegenden Fall war dies nicht der Fall. Der Neffe hatte den Auftrag zur Vernichtung nicht erhalten.
  • Unklare Weisung: Die Weisung an den Neffen, „das andere Testament“ zu vernichten, war unklar und ließ offen, welches Testament gemeint war.
  • Kein Handeln als bloßes Werkzeug: Der Neffe konnte nicht als bloßes Werkzeug der Erblasserin angesehen werden, da ihm die Handlungsanweisung nicht von der Erblasserin persönlich, sondern über Dritte übermittelt wurde.

Auftrag Erblasser zur Vernichtung Testament nicht ausgeführt

Fazit:

Das OLG München hat in diesem Urteil klargestellt, dass ein Testament nicht wirksam widerrufen wird,

wenn der Erblasser einem Dritten den Auftrag zur Vernichtung erteilt, dieser Auftrag aber nicht ausgeführt wird.

Ein Widerruf durch einen Dritten ist nur möglich, wenn dieser als „unselbstständiges Werkzeug“ des Erblassers handelt und keinen eigenen Entscheidungsspielraum hat.

Wichtige Punkte des Urteils in Stichpunkten:

  • Widerruf durch Vernichtung erfordert die tatsächliche Vernichtung der Urkunde.
  • Widerruf durch Dritte erfordert Handeln als „unselbstständiges Werkzeug“ des Erblassers.
  • Unklare Weisungen an Dritte führen nicht zu einem wirksamen Widerruf.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil zeigt die Bedeutung einer eindeutigen und klaren Willensäußerung des Erblassers beim Widerruf eines Testaments.
  • Im Zweifel sollten sich Erblasser anwaltlich beraten lassen, um die Formvorschriften für den Widerruf einzuhalten.
RA und Notar Krau

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