Auseinandersetzungszeugnis nach § 36 GBO – KG 19 W 13/19

April 16, 2021

Auseinandersetzungszeugnis nach § 36 GBO – KG 19 W 13/19

Zusammenfassung RA und Notar Krau:

Das Kammergericht Berlin hatte in dem Beschluss vom 17.06.2019 über die Beschwerde eines Erben gegen die Versagung eines Auseinandersetzungszeugnisses durch das Amtsgericht Berlin-Mitte zu entscheiden.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war einer von mehreren Erben seiner verstorbenen Mutter.

Die Mutter hatte zuvor ihren Ehemann beerbt, dem ein Grundstück in Berlin gehörte.

Das Grundbuch wies noch den Ehemann als Eigentümer aus.

Der Beschwerdeführer und die anderen Erben hatten einen Erbauseinandersetzungsvertrag geschlossen und wollten das Grundstück auf sich umschreiben lassen.

Zu diesem Zweck beantragte der Beschwerdeführer beim Nachlassgericht ein Auseinandersetzungszeugnis nach § 36 GBO.

Auseinandersetzungszeugnis nach § 36 GBO – KG 19 W 13/19

Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab, da das Zeugnis zwei Erbfälle (den des Ehemanns und den der Mutter) betreffe und daher unzulässig sei.

Entscheidung des Kammergerichts:

Das Kammergericht hob den Beschluss des Amtsgerichts auf und wies das Nachlassgericht an, dem Beschwerdeführer das Auseinandersetzungszeugnis zu erteilen.

Begründung:

  • Voraussetzungen des § 36 GBO: Das Kammergericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Auseinandersetzungszeugnisses nach § 36 GBO vorliegen. Der Beschwerdeführer gehöre zu einer Erbengemeinschaft, die ein zum Nachlass gehörendes Grundstück auf die Miterben als Bruchteilseigentümer übertragen wolle. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 36 GBO (Erbscheinsfähigkeit und Nachweis der erforderlichen Erklärungen) seien erfüllt.

  • Auslegung des § 36 GBO: Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist es nach Auffassung des Kammergerichts nicht erforderlich, dass die Erbengemeinschaft ihre Berechtigung unmittelbar vom eingetragenen Eigentümer ableitet. Eine solche Einschränkung lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 36 GBO entnehmen.

  • Wortlaut: Der Wortlaut des § 36 GBO lasse eine Beschränkung auf den Nachweis von Erbfällen, bei denen der Berechtigte sein Recht unmittelbar vom eingetragenen Eigentümer ableitet, nicht erkennen. Der Begriff der Rechtsnachfolge sei nicht auf einen einzigen Erwerbsvorgang beschränkt.   

  • Systematik: Auch die systematische Stellung des § 36 GBO in der Grundbuchordnung spreche für eine weite Auslegung. Der Fokus liege weniger auf der personenbezogenen als auf der grundstücksbezogenen Rechtsnachfolge.

  • Sinn und Zweck: Der Zweck des § 36 GBO bestehe darin, die Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften zu erleichtern und Kosten zu sparen. Diesem Zweck werde durch eine weite Auslegung, die die Beantragung eines Erbscheins für den im Grundbuch eingetragenen Voreigentümer entbehrlich macht, eher Rechnung getragen.

  • Kostenersparnis: Durch die Beantragung eines Auseinandersetzungszeugnisses nach § 36 GBO könnten die Erben im Vergleich zur Beantragung eines Erbscheins und eines weiteren Auseinandersetzungszeugnisses erhebliche Kosten sparen, insbesondere wenn der Wert des Grundstücks im Verhältnis zum Gesamtnachlass gering ist.

  • Technische Umsetzung: Das Kammergericht wies darauf hin, dass die technischen Schwierigkeiten des Nachlassgerichts bei der Umsetzung des § 36 GBO nicht zu einer einschränkenden Auslegung führen dürften.

Auseinandersetzungszeugnis nach § 36 GBO – KG 19 W 13/19

Fazit:

Das Kammergericht hat entschieden, dass ein Auseinandersetzungszeugnis nach § 36 GBO auch dann erteilt werden kann, wenn der eingetragene Eigentümer bereits verstorben ist und mehrere Erben hinterlassen hat.

Diese Entscheidung erleichtert die Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften und trägt zur Kostenersparnis bei.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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