Ausgleichungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Alleinerben – BGH Urteil 9.12.1992 – IV ZR 82/92

März 8, 2020

Ausgleichungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Alleinerben – BGH Urteil 9.12.1992 – IV ZR 82/92

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 9. Dezember 1992 – IV ZR 82/92 – behandelt die Frage, ob ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling, der als Alleinerbe eingesetzt wurde,

Ausgleichungsansprüche nach § 2057a BGB gegen die Pflichtteilsansprüche anderer Abkömmlinge geltend machen kann.

Es stellt klar, dass auch in diesem Fall der Ausgleichungsanspruch besteht, selbst wenn der Erblasser den Abkömmling durch ein Testament als Alleinerben eingesetzt hat.

Im vorliegenden Fall forderte die Klägerin, eine enterbte Tochter, den Pflichtteil ihres verstorbenen Vaters von ihrer Schwester, der Beklagten, die durch ein notarielles Testament als Alleinerbin eingesetzt worden war.

Das Landgericht gab der Klägerin in Teilen recht, berücksichtigte jedoch die Pflegeleistungen der Beklagten für den Vater, was den Pflichtteil der Klägerin minderte.

Die Beklagte brachte zudem vor, dass sie seit vielen Jahren im landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters mitgearbeitet habe, was ebenfalls bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt wurde.

Ausgleichungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Alleinerben – BGH Urteil 9.12.1992 – IV ZR 82/92

Das Berufungsgericht reduzierte den Pflichtteil der Klägerin erheblich und setzte die Ausgleichungsleistungen der Beklagten mit 199.400 DM an, was zu einem Pflichtteilsanspruch der Klägerin von nur noch 33.807,33 DM führte.

Die Klägerin legte Revision ein, um die volle Summe ohne Ausgleichung zu fordern.

Der BGH wies die Revision ab und bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Er führte aus, dass § 2316 Abs. 1 BGB nicht nur zugunsten des enterbten Pflichtteilsberechtigten, sondern auch zu dessen Lasten wirkt, wenn der eingesetzte Erbe, hier die Beklagte, Ausgleichungsansprüche geltend macht.

Der BGH betonte, dass bei der Berechnung des Pflichtteils die gesetzliche Erbfolge hypothetisch zugrunde gelegt werden muss, unabhängig davon, welche letztwillige Verfügung der Erblasser getroffen hat.

Der BGH wies darauf hin, dass die Vorschrift des § 2316 BGB dazu dient, den Pflichtteil so zu berechnen, als ob die gesetzliche Erbfolge eingetreten wäre,

und dabei auch die Ausgleichungsansprüche nach § 2057a BGB berücksichtigt werden müssen.

Ausgleichungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Alleinerben – BGH Urteil 9.12.1992 – IV ZR 82/92

Dies bedeutet, dass auch ein Alleinerbe, der pflichtteilsberechtigt ist, seine Leistungen ausgleichen kann, was den Pflichtteil des enterbten Abkömmlings entsprechend mindert.

Der BGH stellte außerdem klar, dass der Pflichtteilsanspruch eines Abkömmlings nur das Vermögen des Erblassers betrifft,

nicht aber den Teil des Nachlasses, der auf den Leistungen eines anderen Abkömmlings nach § 2057a BGB beruht.

Auch wenn die auszugleichenden Leistungen der Beklagten mehr als die Hälfte des Nachlasses ausmachten,

sah der BGH keine Notwendigkeit, diese Ausgleichung zu begrenzen, da die Ausgleichspflicht gerechtfertigt sei.

Insgesamt bestätigte der BGH, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts den gesetzlichen Vorschriften entsprach und der Klägerin kein weiterer Pflichtteil ohne Ausgleichung zustand.

Die Ausgleichung der Leistungen der Beklagten war rechtmäßig und die Revision der Klägerin unbegründet.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Krau Rechtsanwälte und Notar

Wahl englisches Recht zur Vermeidung Pflichtteil

Januar 14, 2025
Wahl englisches Recht zur Vermeidung PflichtteilBGH Urteil vom 29.06.2022 – IV ZR 110/21RA und Notar KrauDas Urteil des Bundesgerichts…
Krau Rechtsanwälte und Notar

Erbquote russischer Ehegatte

Januar 12, 2025
Erbquote russischer EhegatteOLG Köln 2 Wx 22/24Beschluss vom 4.3.2024RA und Notar KrauKernaussage:Das OLG Köln entschied, d…
Krau Rechtsanwälte und Notar

Anspruch Erbe gegen Bank Nachlassinsolvenz

Januar 12, 2025
Anspruch Erbe gegen Bank NachlassinsolvenzverfahrenBVerfG 1 BvR 1031/20Beschluss vom 10.04.2024RA und Notar KrauSachverhalt:…