Auskünfte für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen – OLG München 20 U 3260/10

Mai 18, 2021

Auskünfte für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen – OLG München 20 U 3260/10

RA und Notar Krau

Das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 01.12.2010 (Az. 20 U 3260/10) befasst sich mit der Auskunftspflicht im Erbrecht, insbesondere im Zusammenhang mit Pflichtteilsansprüchen.

Es beleuchtet die Fragen der Verjährung von Auskunftsansprüchen, des Umfangs der Auskunftspflicht und der Reichweite des Auskunftsanspruchs in Bezug auf Nachlassgegenstände.

Der Fall:

Die Klägerin verlangte von ihrem Bruder, dem Beklagten, Auskunft über den Nachlass ihrer Eltern, um Pflichtteilsansprüche geltend machen zu können.

Die Eltern hatten sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt und den Beklagten als Schlusserben bestimmt.

Nach dem Tod des Vaters hatte die Mutter Nachlassverzeichnisse erstellt, die die Klägerin jedoch als unvollständig und fehlerhaft ansah.

Sie vermutete, dass Vermögen im Ausland verschwiegen worden war.

Nach dem Tod der Mutter verlangte die Klägerin erneut Auskunft über den Nachlass, einschließlich möglicher Schenkungen und Zuwendungen.

Auskünfte für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen – OLG München 20 U 3260/10

Der Beklagte erklärte, dass ihm hierzu nichts bekannt sei.

Die Entscheidung:

Das OLG München entschied, dass der Klägerin nur teilweise ein Anspruch auf Auskunft zusteht.

1. Auskunftsanspruch bezüglich des Nachlasses des Vaters:

  • Verjährung: Der primäre Pflichtteilsanspruch nach dem Vater war verjährt. Mit der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs entfällt grundsätzlich auch das objektive Informationsbedürfnis für eine Auskunft.
  • Ausnahme: Eine Ausnahme bestand hinsichtlich zweier spanischer Konten, die die Mutter im Nachlassverzeichnis des Vaters verschwiegen hatte. Dies stellte eine Pflichtverletzung dar, aus der sich ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Mutter ergab. Mit diesem Schadensersatzanspruch war ein Auskunftsanspruch über den Kontostand zum Zeitpunkt des Todes des Vaters verbunden.
  • Rechtsmissbrauch: Die Einrede der Verjährung war nicht rechtsmissbräuchlich, da die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte für weitere falsche oder unvollständige Angaben im Nachlassverzeichnis hatte.

2. Auskunftsanspruch bezüglich des Nachlasses der Mutter:

  • Erfüllung der Auskunftspflicht: Der Beklagte hatte seine Auskunftspflicht erfüllt, indem er ein Nachlassverzeichnis vorgelegt und erklärt hatte, dass ihm keine Schenkungen oder Zuwendungen bekannt seien.
  • Keine Auskunft über den Verbleib von Gegenständen: Ein Anspruch auf Auskunft über den Verbleib von Gegenständen bestand nicht.
  • Keine Auskunft über Reisen ins Ausland: Ein Auskunftsanspruch über Reisen ins Ausland zum Zwecke der Vermögensverwaltung bestand ebenfalls nicht.

Auskünfte für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen – OLG München 20 U 3260/10

Fazit:

Das Urteil zeigt, dass der Auskunftsanspruch im Erbrecht engen Grenzen unterliegt. Er ist insbesondere an den (noch nicht verjährten) Pflichtteilsanspruch geknüpft. Der Auskunftspflichtige muss zwar alle ihm zumutbaren Ermittlungen anstellen, um eine vollständige Auskunft zu geben. Er ist aber nicht verpflichtet, den Verbleib von Nachlassgegenständen aufzuklären oder Auskunft über Beweggründe für falsche Angaben zu geben.

Konsequenzen für die Praxis:

  • Pflichtteilsberechtigte sollten ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen, um eine Verjährung zu vermeiden.
  • Erben sollten sorgfältig und vollständig Auskunft über den Nachlass erteilen.
  • Im Zweifelsfall sollten sich beide Parteien anwaltlich beraten lassen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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