Auskünfte gegenüber Erben und Vorsorgebevollmächtigten – Notarielle Verschwiegenheitspflicht und die Verfahren nach § 18 Abs. 2 und Abs. 3 BNotO
Aufsatz von Notarassessorin Carina Kellner, Bruckberg, MittBayNot 2025, 11
Die notarielle Verschwiegenheitspflicht, verankert in § 18 der Bundesnotarordnung (BNotO), ist ein grundlegendes Prinzip, das das Vertrauen zwischen Notar und Mandant stärkt.
Sie schützt die informationelle Selbstbestimmung der Beteiligten und ist somit von hoher Bedeutung.
Die Schweigepflicht erstreckt sich auf alle Informationen, die dem Notar im Rahmen seiner Amtstätigkeit bekannt werden.
Dies umfasst nicht nur bewusst offenbarte Tatsachen, sondern auch solche, von denen der Notar zufällig Kenntnis erlangt.
Sie bezieht sich auf den gesamten Inhalt notarieller Verhandlungen, einschließlich der Identität der Beteiligten,
Zeit und Ort der Beurkundung sowie alle Umstände, die im Zusammenhang mit der Beurkundung stehen.
Auch nach dem Tod eines Beteiligten bleibt die Schweigepflicht bestehen.
Dies ist in § 18 Abs. 2 BNotO geregelt, der vorsieht, dass die Aufsichtsbehörde anstelle des Verstorbenen den Notar von der Schweigepflicht befreien kann.
Grundsätzlich sind Notare gegenüber Erben zur Verschwiegenheit verpflichtet, es sei denn, es liegen gesetzliche Ausnahmen vor oder der Notar wurde wirksam von der Schweigepflicht entbunden.
Eine Ausnahme bildet § 51 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG), der Rechtsnachfolgern von Beteiligten das Recht auf Urkundsausfertigungen und -abschriften sowie auf Einsicht in die Urschrift gewährt.
Dies gilt insbesondere für Erben als Gesamtrechtsnachfolger.
Der Erblasser kann zu Lebzeiten eine Erklärung abgeben, die den Notar von der Schweigepflicht entbindet.
Diese Erklärung wirkt über den Tod hinaus, sofern sie sich auch auf die Äußerung gegenüber den Erben bezieht.
Auch gegenüber sonstigen Personen, deren Erbrecht streitig ist, gilt die Schweigepflicht.
Die Erben können den Notar nicht von der Schweigepflicht entbinden, da diese Befugnis gemäß § 18 Abs. 2 BNotO allein der Aufsichtsbehörde zusteht.
Vorsorgebevollmächtigte haben in der Regel keinen Anspruch auf Auskünfte zu Amtsvorgängen, es sei denn, sie sind selbst Beteiligte oder der Beteiligte hat den Notar von der Schweigepflicht befreit.
In einigen Fällen kann eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung als konkludente Befreiung von der Schweigepflicht gegenüber dem Bevollmächtigten ausgelegt werden.
Vorsorgebevollmächtigte können im Namen des Vertretenen Urkundsausfertigungen und -abschriften verlangen und Einsicht in die Urschrift nehmen, sofern sich ihre Vertretungsmacht darauf erstreckt.
In Fällen, in denen der Beteiligte verstorben oder unerreichbar ist, kann die Aufsichtsbehörde auf Antrag die Befreiung von der Schweigepflicht ersetzen.
Der Antrag kann vom Notar oder von Personen gestellt werden, die geltend machen, dass die Befreiung der Durchsetzung ihrer Rechte dient.
Die Aufsichtsbehörde prüft, ob die Befreiung dem mutmaßlichen Willen des Beteiligten entspricht.
Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde ersetzt die Befreiung des Beteiligten, begründet aber keine Auskunftspflicht des Notars.
Gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
Dieses Verfahren dient der Klärung von Zweifeln des Notars über das Bestehen und den Umfang der Schweigepflicht im Einzelfall.
Voraussetzung ist, dass der Notar im konkreten Fall Zweifel über die Pflicht zur Verschwiegenheit hat.
Die Entscheidung der Aufsichtsbehörde gibt dem Notar Rechtssicherheit, bindet ihn aber nicht.
Gegen die Entscheidung kann der Notar den Rechtsweg beschreiten.
Die notarielle Schweigepflicht ist ein komplexes Thema, das in der Praxis häufig Fragen aufwirft.
Die Aufsichtsbehörden leisten einen wichtigen Beitrag zur Klärung dieser Fragen und tragen so zum Schutz der notariellen Schweigepflicht bei.
Die Verfahren nach § 18 Abs. 2 und 3 BNotO bieten dabei wichtige Instrumente, um in besonderen Fällen Rechtssicherheit zu schaffen.