Auskunfts- und Leistungsanspruch Sozialversicherungsträger – Sittenwidrigkeit Pflichtteilsverzicht durch behinderten Sozialleistungsbezieher

Mai 6, 2020

Auskunfts- und Leistungsanspruch Sozialversicherungsträger – Sittenwidrigkeit Pflichtteilsverzicht durch behinderten Sozialleistungsbezieher

LG Köln 37 O 653/08

RA und Notar Krau

Das Landgericht Köln entschied am 12. März 2009 über einen Fall, in dem ein Sozialversicherungsträger (Kläger)

gegen den Vater einer behinderten Frau (Beklagter) auf Auskunft und Zahlung aus dem Pflichtteilsrecht klagte.

Die behinderte Frau erhielt seit 1992 Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. SGB XII.

Der Kläger forderte den Beklagten, als Erben seiner am 6. November 2006 verstorbenen Frau, zur Auskunft und Zahlung auf, basierend auf dem Pflichtteilsrecht der behinderten Tochter.

Der Beklagte und seine verstorbene Ehefrau hatten in einem gemeinschaftlichen Testament sich gegenseitig als Alleinerben und ihre drei Kinder als Schlusserben eingesetzt.

Die behinderte Tochter wurde als Vorerbin eingesetzt, während ihre Geschwister als Nacherben bestimmt wurden.

Zudem hatten alle drei Kinder auf ihren Pflichtteil nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils verzichtet.

Auskunfts- und Leistungsanspruch Sozialversicherungsträger – Sittenwidrigkeit Pflichtteilsverzicht durch behinderten Sozialleistungsbezieher

Der Kläger argumentierte, dass der Pflichtteilsverzicht sittenwidrig sei, da er einzig darauf abzielte, den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Vermögen zu verhindern.

Der Pflichtteilsverzicht sei daher als Vertrag zu Lasten Dritter nichtig.

Das Gericht stellte fest, dass der Pflichtteilsverzicht nicht sittenwidrig sei.

Es sei legitim, wenn Eltern in einem Testament sicherstellen möchten, dass ein behindertes Kind zusätzlich zur Sozialhilfe laufende Einnahmen

erhält und der Nachlass dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen wird.

Diese Praxis wurde bereits durch den Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 21. März 1990 (IV ZR 169/89) als nicht sittenwidrig anerkannt.

Solche Regelungen seien nur dann bedenklich, wenn ein so erhebliches Vermögen hinterlassen werde, dass daraus die Versorgung des behinderten Kindes auf Dauer sichergestellt werden könnte.

Dies war hier nicht der Fall.

LG Köln 37 O 653/08

Das Gericht erkannte an, dass die testamentarische Regelung und der Pflichtteilsverzicht im wohlverstandenen Interesse der behinderten Tochter getroffen wurden.

Die Regelung sollte sicherstellen, dass die Tochter sowohl Sozialleistungen als auch zusätzliche Annehmlichkeiten erhält, die dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen sind.

Der Pflichtteilsverzicht wurde als sittlich anerkennbar und gerechtfertigt angesehen, da er darauf abzielte, dem länger lebenden Elternteil den Nachlass und den finanziellen Spielraum zu belassen.

Zusammenfassend wies das Gericht die Klage ab.

Es stellte fest, dass der Pflichtteilsverzicht der Kinder, insbesondere der behinderten Tochter, wirksam und nicht sittenwidrig sei.

Die Entscheidung des Gerichts beruht auf der Anerkennung der testamentarischen Regelungen und der Pflichtteilsverzichtsverträge

als sittlich gerechtfertigt und im Interesse des behinderten Kindes sowie des länger lebenden Elternteils.

Die Klage war daher unbegründet und die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger auferlegt.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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