Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten – OLG Schleswig 3 U 36/10
In dem Rechtsfall, der vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht am 25. Januar 2011 unter dem Aktenzeichen 3 U 36/10 verhandelt wurde,
ging es um den Anspruch eines Pflichtteilsberechtigten auf ein notarielles Nachlassverzeichnis, trotz einer zuvor vom Erben abgegebenen eidesstattlichen Versicherung über den Bestand des Nachlasses.
Der Fall betraf den Nachlass eines am 21. April 2008 verstorbenen Erblassers aus Lübeck.
Das Gericht setzte sich mit der Frage auseinander, ob der Pflichtteilsberechtigte, der Kläger, neben einer eidesstattlichen Versicherung des Erben,
dem Beklagten, auch noch ein detailliertes notarielles Nachlassverzeichnis verlangen konnte.
Die erste Instanz, das Landgericht Lübeck, hatte entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf ein solches Verzeichnis habe, da er bereits eine eidesstattliche Versicherung des Erben über den Nachlass erhalten hatte.
Dies wurde vom Kläger angefochten, der darauf bestand, dass die eidesstattliche Versicherung allein nicht ausreichend sei, um ihm einen vollständigen Überblick über den Nachlass zu gewähren.
Das Oberlandesgericht entschied zugunsten des Klägers und änderte das Urteil des Landgerichts.
Das Gericht argumentierte, dass der Kläger berechtigt sei, zusätzlich zu der eidesstattlichen Versicherung ein notarielles Nachlassverzeichnis zu verlangen.
Es wurde betont, dass das Gesetz dem Pflichtteilsberechtigten verschiedene Stufen von Auskunftsansprüchen gewährt, die kumulativ gelten.
Das bedeutet, dass der Kläger das Recht hatte, ein notarielles Verzeichnis zu verlangen, selbst nachdem ein privates Verzeichnis erstellt und durch eine eidesstattliche Versicherung bestätigt worden war.
Das Gericht stellte klar, dass ein notarielles Nachlassverzeichnis eine höhere Beweiskraft besitzt und eine größere Richtigkeitsgewähr
bietet als ein privates Verzeichnis oder ein Verzeichnis, das lediglich notariell protokolliert wurde.
Der Notar bringt seine Sachkenntnis ein und ermittelt den Nachlassbestand eigenständig, was dem Pflichtteilsberechtigten eine umfassendere und genauere Auskunft über den Nachlass bietet.
Weiterhin erläuterte das Gericht, dass die bereits erfolgte eidesstattliche Versicherung des Beklagten nicht die Notwendigkeit eines notariellen Nachlassverzeichnisses aufhebt,
da die eidesstattliche Versicherung sich nur auf die Richtigkeit des zuvor abgegebenen, nicht notariellen Verzeichnisses bezog.
Der Kläger war somit nicht darauf beschränkt, sich auf diese Versicherung zu verlassen.
Das Gericht wies auch den Einwand des Rechtsmissbrauchs zurück, den der Beklagte erhoben hatte, indem es betonte, dass der Kläger legitim handelte,
als er ein notarielles Nachlassverzeichnis forderte, um eine größtmögliche Richtigkeitsgewähr zu erreichen und somit sein Pflichtteilsrecht effektiv zu sichern.
Dies sei besonders wichtig, da die vorherigen Angaben des Beklagten Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit des Nachlasses aufgeworfen hatten.
Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung des notariellen Nachlassverzeichnisses im deutschen Erbrecht, insbesondere für Pflichtteilsberechtigte,
die einen Anspruch auf eine genaue und umfassende Auskunft über den Nachlass haben, um ihre Rechte wirkungsvoll durchsetzen zu können.
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