Auskunftsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben – OLG München Teilurteil vom 27. Januar 2014 – 19 U 3606/13
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Tenor
Die Berufung des Klägers wird angenommen, das Urteil des Landgerichts München I vom 26.07.2013 wird insoweit aufgehoben, als der Klageantrag I (Auskunftsanspruch) abgewiesen wurde.
Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger Einsicht in alle Statuten und Beistatuten der liechtensteinischen „W. Familienstiftung“ zu gewähren.
Die Entscheidung über die Kosten und die Klageanträge II.1. und II.2. wird einem Schluss- oder weiteren Teilurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I. Hintergrund des Falles
Der Kläger, deutscher Staatsbürger und Ehemann der am 9.5.2007 verstorbenen E. K., ebenfalls deutsche Staatsangehörige, fordert von deren Kindern aus erster Ehe (Erben laut Testament) ergänzende Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche.
Das Landgericht wies die Ansprüche bezüglich der „W. Familienstiftung“ ab, einer von der Mutter der Verstorbenen gegründeten liechtensteinischen Stiftung.
Die Beklagten, Erben der Verstorbenen, sind nun Begünstigte dieser Stiftung. Vertragsrechtliche Auskunftsansprüche wurden verneint, ebenso ein Anspruch aus § 2314 BGB, da das Stiftungsvermögen nicht zum Nachlass gehöre.
Der Kläger beruft sich darauf, dass aus § 2314 BGB und einer Vereinbarung zwischen den Anwälten der Parteien ein Anspruch auf Einsicht in die Stiftungsdokumente bestehe.
Er fordert weiterhin Auskunft über das Vermögen der Stiftung und behauptet, das Landgericht habe seinen rechtlichen Gehörsanspruch verletzt, indem es Beweisanträge übergangen habe.
III. Entscheidung des Oberlandesgerichts
Das Oberlandesgericht (OLG) München bejaht die internationale Zuständigkeit des LG München I.
Die Entscheidung, ob die Auskunftsansprüche bestehen, richtet sich nach deutschem Recht, da die Erblasserin deutsche Staatsangehörige war.
Rechtsgrundlage der Ansprüche
Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB:
Der Pflichtteilsberechtigte hat ein Recht auf Auskunft über den Nachlass. Der Kläger, als Ehemann der Erblasserin, ist pflichtteilsberechtigt.
Umfang der Auskunft:
Der Kläger hat Anspruch auf Einsicht in die Stiftungsdokumente, da diese möglicherweise Hinweise auf relevante Nachlassbestandteile enthalten.
Vertragsrechtlicher Anspruch
Es wurde nicht abschließend geklärt, ob ein vertraglicher Anspruch aus der Vereinbarung zwischen den Anwälten besteht. Dennoch ergibt sich der Anspruch auf Einsicht aus § 2314 BGB.
Unzulässige Ausforschung
Die Beklagten argumentieren, dass die Auskunftsansprüche des Klägers eine unzulässige Ausforschung darstellen.
Das Gericht verneint dies, da die Beklagten selbst anerkannt haben, dass die Erblasserin zu Lebzeiten Begünstigte der Stiftung war und sie nun selbst Begünstigte sind.
Dies macht die Möglichkeit einer Nachlassrelevanz hinreichend konkret.
Rechts- und Tatsächliche Unmöglichkeit
Der Einwand der Beklagten, dass eine Einsichtnahme in die Stiftungsdokumente zur Verwirkung ihrer Begünstigtenstellung führen könnte, wird vom Gericht nicht anerkannt.
Eine rechtliche Unmöglichkeit liegt darin nicht begründet, und die Beklagten haben nicht nachgewiesen, dass diese Folge auch bei gerichtlicher Anordnung eintreten würde.
Nachlassverzeichnis
Der bisher vorgelegte Nachlassverzeichnis ist unvollständig, da die Beklagten die Auskunft über die Stiftung mit der Begründung verweigert haben, dass das Stiftungsvermögen nicht in den Nachlass falle.
Diese rechtliche Würdigung der Beklagten ist jedoch fehlerhaft, da auch eine Begünstigung in den Nachlass fallen kann, wenn die Stiftungsdokumente dies vorsehen.
IV. Weitergehende Klageanträge
Die weitergehenden Klageanträge (Auskunft über das Vermögen der Stiftung) sind noch nicht entscheidungsreif.
Sie setzen voraus, dass entweder das Stiftungsvermögen selbst oder die Begünstigtenstellung der Erben in den Nachlass fällt, was durch Einsicht in die Stiftungsdokumente geklärt werden muss.
V. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung wird dem Schlussurteil vorbehalten.
Der Streitwert wurde anhand der Interessen der Parteien festgesetzt, wobei der Schwerpunkt auf der Auskunft über das Vermögen der Stiftung liegt.
Das Urteil des OLG München bestätigt den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben hinsichtlich der Einsicht in die Dokumente einer liechtensteinischen Stiftung.
Der Anspruch leitet sich aus § 2314 BGB ab, um dem Kläger die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines eventuellen Rechtsstreits zu erleichtern.
Die Entscheidung des Landgerichts München I wurde insoweit aufgehoben, als es den Auskunftsanspruch abgewiesen hatte.
Die Beklagten sind verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die Statuten und Beistatuten der Stiftung zu gewähren.
Weitergehende Ansprüche auf Auskunft über das Vermögen der Stiftung sind noch zu klären und von der Einsicht in die Stiftungsdokumente abhängig.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.