Auskunftsanspruch von Miterben eines GmbH-Geschäftsanteils
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16. 12. 2013 – 7 W 76/13
Das Recht von Miterben, Auskunft über einen geerbten GmbH-Geschäftsanteil zu verlangen, ist komplex, da hier das Gesellschaftsrecht (GmbHG) und das Erbrecht (BGB) ineinandergreifen.
Verstirbt ein Gesellschafter einer GmbH, geht sein Geschäftsanteil automatisch auf seine Erben über. Sind dies mehrere Miterben, bilden diese eine Erbengemeinschaft und werden gemeinsam (zur gesamten Hand) zum Gesellschafter der GmbH (§§ 1922, 2032 BGB).
Nach § 18 Abs. 1 GmbHG können mehrere Mitberechtigte an einem GmbH-Geschäftsanteil (wie eben eine Erbengemeinschaft) die Rechte aus diesem Anteil nur gemeinsam ausüben. Dazu gehört auch das Auskunfts- und Einsichtsrecht des Gesellschafters (§ 51a GmbHG).
Die GmbH muss die Auskunft nicht jedem einzelnen Miterben erteilen, sondern nur an die Erbengemeinschaft als Einheit.
Hier kommt der entscheidende Punkt aus dem Erbrecht ins Spiel: Wie fasst die Erbengemeinschaft den Beschluss, das Auskunftsrecht auszuüben?
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat klargestellt, dass die Erbengemeinschaft das Auskunftsrecht nicht einstimmig beschließen muss (gegen die Ansicht, dass § 18 Abs. 1 GmbHG Einstimmigkeit erfordert). Stattdessen gelten die Regeln der Nachlassverwaltung im Erbrecht:
Die Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG dienen der sogenannten ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (§ 2038 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB i.V.m. § 745 Abs. 1 BGB). Das Gericht begründet dies damit, dass die Erben Klarheit über den Wert, die Rechte und Pflichten des GmbH-Anteils benötigen, um ihre Gesellschafterinteressen wahrzunehmen und den Nachlass ordentlich abzuwickeln (z.B. für die Erbschaftsteuererklärung).
Für Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung ist keine Einstimmigkeit aller Miterben erforderlich. Es genügt ein Mehrheitsbeschluss, wobei sich die Mehrheit nach der Größe der Erbteile richtet.
Eine Mehrheit der Miterben kann beschließen, von der GmbH Auskunft über den geerbten Geschäftsanteil zu verlangen. Dieser Mehrheitsbeschluss gilt dann als die „gemeinsame“ Ausübung im Sinne des § 18 Abs. 1 GmbHG und bindet auch die überstimmten Miterben.
Das OLG Karlsruhe weist darauf hin, dass das Auskunftsrecht nicht grenzenlos ist:
Das Auskunftsverlangen darf nicht rechtsmissbräuchlich sein. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es nur darum geht, Informationen für private Streitigkeiten zu erlangen, die nichts mit der Verwaltung des Nachlasses zu tun haben.
Da die Erbengemeinschaft den GmbH-Anteil eventuell bald an einen Vermächtnisnehmer übertragen muss, ist ihr Informationsbedürfnis auf die Abwicklung des Nachlasses beschränkt. Das Gericht reduzierte daher den Antrag der Miterben und gewährte nur Auskunft über:
Geschäftsführungsmaßnahmen seit dem Tod des Erblassers.
Die gegenwärtigen Bankverbindungen (um die Vermögensverhältnisse zu klären).
Die Konten (Kapital-, Rücklagen-, Darlehenskonten) für die Zeit seit dem Tod.
Auskünfte über frühere Zeiträume (zu Lebzeiten des Erblassers, als dieser alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war) wurden als nicht erforderlich für die Nachlassverwaltung abgelehnt.
Wenn Sie als Miterbe einen Anteil an einer GmbH erben, haben Sie ein Recht auf Information über die GmbH (§ 51a GmbHG). Dieses Recht steht der Erbengemeinschaft insgesamt zu.
Sie benötigen keine Zustimmung aller Miterben. Ein Mehrheitsbeschluss der Erbengemeinschaft (nach der Höhe der Erbteile) ist ausreichend, um die Auskunft von der GmbH zu verlangen.
Das Recht ist nicht unbegrenzt. Sie erhalten nur die Informationen, die Sie als Erbengemeinschaft zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses benötigen. Typischerweise sind das die Vorgänge seit dem Tod des Erblassers und der aktuelle Zustand (z.B. Kontenstand, Geschäftsführungsmaßnahmen).
Die Mehrheit der Miterben muss gegenüber der GmbH (vertreten durch die Geschäftsführung) die Auskunft formlos verlangen. Wenn die GmbH dies verweigert, können die Miterben gerichtlich im Rahmen eines Auskunftserzwingungsverfahrens die Auskunft einklagen (§ 51b GmbHG).
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