Auslegung der Zuwendung eines Hausgrundstücks unter Bedingung – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 07. Juli 2004 – 1Z BR 043/04

Juni 10, 2020

Auslegung der Zuwendung eines Hausgrundstücks unter Bedingung – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 07. Juli 2004 – 1Z BR 043/04

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Die verstorbene Erblasserin, eine verwitwete und kinderlose Frau, hatte ihr Hausgrundstück im Testament vom 3. Mai 1999 an ihre Nichte, die Beteiligte zu 2, unter der Bedingung vermacht, dass diese das Haus als ständigen Wohnsitz nutzt und bewirtschaftet.

Im Falle der Nichterfüllung dieser Bedingung sollte das Haus verkauft und der Erlös zwischen der Schwester der Erblasserin (Beteiligte zu 1), der Nichte (Beteiligte zu 2) und einem weiteren Verwandten (Beteiligter zu 3) aufgeteilt werden.

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Beteiligte zu 2 einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist.

Dies wurde von der Beteiligten zu 1 angefochten mit dem Argument, die Bedingungen des Testaments seien nicht erfüllt worden und die Beteiligte zu 2 sei höchstens Vorerbin.

Das Amtsgericht Traunstein kündigte einen Erbschein zugunsten der Beteiligten zu 2 an, was das Landgericht Traunstein nach Beschwerde zurückwies.

Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde ein.

Entscheidung und Begründung:

Aufhebung der Vorentscheidungen:

Auslegung der Zuwendung eines Hausgrundstücks unter Bedingung – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 07. Juli 2004 – 1Z BR 043/04

Das Bayerische Oberste Landesgericht hob die Entscheidungen des Landgerichts und des Amtsgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Testamentsauslegung:

Das Landgericht hatte das Testament dahingehend ausgelegt, dass die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2 unter der Bedingung stand, dass diese das Haus mit ihrer Familie als ständigen Wohnsitz bewohnt und bewirtschaftet, nicht jedoch zwingend die Pension weiterführen müsse.

Diese Auslegung basierte auf Zeugenaussagen, wonach die Pension wirtschaftlich unrentabel war und die Erblasserin dies wusste.

Zudem war die Erblasserin sich bewusst, dass die Raumverhältnisse im Haus die Fortführung der Pension bei gleichzeitiger Nutzung als Wohnsitz für die fünfköpfige Familie der Beteiligten zu 2 nicht erlaubten.

Keine wirksame Änderung des Testaments:

Der Erblasserwille bei der Testamentserrichtung war maßgeblich.

Spätere Äußerungen oder Meinungsänderungen der Erblasserin, die nicht in einem neuen Testament niedergeschrieben wurden, hatten keinen Einfluss auf die Testamentsauslegung.

Rechtliche Überprüfung und Vorerbschaft:

Die rechtliche Überprüfung des Bayerischen Obersten Landesgerichts ergab, dass die Testamentsklausel eine auflösende Bedingung enthielt, deren Nichterfüllung die Beteiligte zu 2 nicht zur Alleinerbin machen würde.

Auslegung der Zuwendung eines Hausgrundstücks unter Bedingung – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 07. Juli 2004 – 1Z BR 043/04

Diese Bedingung begründet eine Vorerbschaft für die Beteiligte zu 2, mit den anderen Beteiligten als Nacherben. Der Erbschein muss die Nacherbfolge ausweisen.

Weiteres Verfahren:

Das Nachlassgericht muss nun erneut entscheiden und hat dabei die Gelegenheit, den Erbscheinsantrag entsprechend zu ändern. Ein Erbschein ohne Berücksichtigung der Nacherbfolge kann nicht erteilt werden.

Kostenentscheidung:

Es wurden keine Gerichtskosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde festgesetzt.

Die Anordnung einer Erstattung der Kosten wurde abgelehnt, da keine besonderen Gründe vorlagen, die eine Kostentragungspflicht eines der Beteiligten rechtfertigen würden.

Schlussfolgerung:

Das Testament der Erblasserin wurde dahingehend ausgelegt, dass die Bedingung des “Bewohnens und Bewirtschaftens” des Hauses durch die Beteiligte zu 2 erfüllt ist, solange sie das Haus als ständigen Wohnsitz nutzt, ohne die Frühstückspension weiterführen zu müssen.

Die Beteiligte zu 2 ist damit Vorerbin, und die Nacherbfolge ist im Erbschein auszuweisen.

Das Nachlassgericht muss den Erbscheinsantrag entsprechend anpassen.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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