Auslegung des Testaments Abkömmlinge der Vorerbin „derzeit“
OLG München 31 Wx 463/16
Die Erblasserin hatte in ihrem Testament ihre Nichte als Alleinerbin eingesetzt, jedoch als Vorerbin.
Nacherben sollten deren Abkömmlinge sein.
Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung hatte die Nichte drei Kinder.
Im Testament wurden diese Kinder namentlich aufgeführt und mit dem Zusatz „derzeit“ versehen.
Die Nichte beantragte nach dem Tod der Erblasserin einen Erbschein, der sie als Alleinerbin unter Anordnung von Nacherbfolge auswies.
Der Erbschein enthielt den Vermerk, dass die Nacherben die Abkömmlinge der Vorerbin „derzeit“ seien und nannte die drei Kinder namentlich.
Die Nichte beantragte später die Berichtigung des Erbscheins durch Streichung des Wortes „derzeit“.
Sie argumentierte, dass dieses Wort überflüssig und verwirrend sei.
Das Nachlassgericht lehnte die Berichtigung ab, da der Erbschein die Erbfolge zutreffend wiedergebe.
Gegen diese Entscheidung legte die Nichte Beschwerde ein.
Die Entscheidung des OLG München:
Das OLG München wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts.
Begründung:
Wortlaut des Testaments: Das Gericht betonte, dass die Erblasserin im Testament selbst die Formulierung „derzeit“ gewählt habe. Dies sei ein Indiz dafür, dass sie nicht nur die zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung lebenden Abkömmlinge, sondern auch zukünftige Abkömmlinge als Nacherben einsetzen wollte.
Auslegung des Testaments: Die Auslegung des Testaments ergab, dass der Wille der Erblasserin vorrangig darauf gerichtet war, dass alle auch zukünftig geborenen Abkömmlinge der Nichte als Nacherben eingesetzt werden sollten. Die Formulierung „derzeit“ sei daher nicht überflüssig, sondern setze den Willen der Erblasserin um, indem sie die momentan in Frage kommenden Nacherben näher bezeichne.
Ersatznacherbfolge: Die im Testament geregelte Ersatznacherbfolge beziehe sich nur auf den Fall, dass ein Nacherbe vor dem Eintritt des Nacherbfalls wegfalle. An seine Stelle sollten dann dessen Abkömmlinge treten.
Begriff „Abkömmling“: Der im Testament verwendete Begriff „Abkömmling“ umfasse nach § 1754 BGB auch adoptierte Kinder. Daher könne der Kreis der in Betracht kommenden Nacherben erst im Zeitpunkt des Nacherbfalls endgültig festgestellt werden.
Fazit:
Das OLG München entschied, dass der Erbschein die Erbfolge zutreffend wiedergibt.
Die Nichte ist Vorerbin und alle ihre Abkömmlinge, auch die nach der Testamentserrichtung geborenen oder adoptierten, sind Nacherben.
Bedeutung der Entscheidung:
Die Entscheidung des OLG München verdeutlicht die Bedeutung der Testamentsauslegung.
Bei der Auslegung eines Testaments ist der Wille des Erblassers zu erforschen.
Im vorliegenden Fall war der Wille der Erblasserin darauf gerichtet, dass alle ihre Abkömmlinge, auch zukünftige, am Nachlass teilhaben sollten.
Die Entscheidung zeigt auch, dass die Formulierung „derzeit“ in einem Testament nicht unbedingt als Beschränkung
auf die zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung lebenden Personen zu verstehen ist.
Es ist daher ratsam, bei der Abfassung eines Testaments die Formulierungen sorgfältig zu wählen
und den Willen des Erblassers eindeutig zum Ausdruck zu bringen, um spätere Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.