Auslegung Ehegattentestament Schlußerben – gleichzeitiges Versterben
OLG Frankfurt 20 W 143/95
Beschluss 3.3.1998
RA und Notar Krau
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt befasste sich im Beschluss vom 3. März 1998 mit der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments,
das für den Fall des „gleichzeitigen Versterbens“ der Ehegatten eine Erbeinsetzung regelte.
Die Hauptfrage bestand darin, ob diese Regelung auch für den Fall des Nacheinanderversterbens der Ehegatten gilt.
Im vorliegenden Fall hatten die kinderlosen Eheleute in ihrem Testament festgelegt, dass der Überlebende frei über das Ererbte verfügen könne
und im Falle des gleichzeitigen Versterbens die Schwester der Ehefrau, E. K., den gesamten Nachlass erben solle.
Auslegung Ehegattentestament Schlußerben – gleichzeitiges Versterben
Nachdem die Ehefrau 1991 und der Ehemann 1995 verstarben, beantragte E. K. einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist.
Das Amtsgericht hatte diesen Antrag jedoch abgelehnt, da es die Formulierung „Sollten wir zugleich versterben“
nur auf den Fall eines gleichzeitigen Todes der Eheleute bezog und keine Erbeinsetzung für den Fall des Nacheinanderversterbens sah.
Das OLG Frankfurt widersprach dieser Auslegung.
Es führte aus, dass das Wort „zugleich“ im Testament zwar wörtlich einen gleichzeitigen Tod der Ehegatten impliziere,
jedoch die tatsächlichen Umstände und der wahre Wille der Testatoren berücksichtigt werden müssten.
Die Eheleute waren bei Testamentserrichtung schon älter und möglicherweise im sprachlichen Ausdruck weniger präzise.
Außerdem habe die Testamentsklausel, wonach der Überlebende frei über den Nachlass verfügen könne, nur dann Sinn,
wenn man annimmt, dass auch für den Fall des Nacheinanderversterbens E. K. als Schlusserbin eingesetzt werden sollte.
Auslegung Ehegattentestament Schlußerben – gleichzeitiges Versterben
Das Gericht hob daher die vorherigen Entscheidungen auf und wies das Amtsgericht an, dem Erbscheinsantrag von E. K. stattzugeben.
Diese Entscheidung beruht darauf, dass die Testatoren mit „zugleich“ auch einen zeitlichen Abstand zwischen den Todesfällen meinten
und eine Schlusserbeneinsetzung von E. K. für den Fall des Nacheinanderversterbens beabsichtigten