Auslegung einer zugunsten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erteilten Belastungsvollmacht
Gericht: KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 26.11.2013
Rechtskraft: ja
Aktenzeichen: 1 W 291/13
Dokumenttyp: Beschluss
Verfahrensgang – vorgehend AG Charlottenburg, 15. November 2012, 43A SC 44405-5
Gerne fasse ich das Urteil des Kammergerichts Berlin (KG Berlin) vom 26. November 2013 (Az.: 1 W 291/13) in Bezug auf Grundbuchverfahren und Vollmachten zugunsten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen.
Tenor
Die Zwischenverfügung wird aufgehoben, soweit das dargestellte Eintragungshindernis der Löschung der Grundschuld Abteilung III lfd. Nr. 1 entgegenstehen soll.
Die weitergehende Beschwerde wird nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Fall drehte sich um die Eintragung von Grundschulden und die Löschung einer bestehenden Grundschuld im Grundbuch.
Die Eigentümerin (Beteiligte zu 1) hatte einer GbR (bestehend aus Herrn und Frau V…) eine Belastungsvollmacht erteilt, um das Grundstück für Finanzierungszwecke mit Grundpfandrechten zu belasten, noch bevor der Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen war. Später versuchte einer der Gesellschafter der GbR, Herr V…, die Grundschulden unter Berufung auf diese Vollmacht eintragen zu lassen.
Das Grundbuchamt forderte einen Nachweis dafür, dass Herr V. zum Zeitpunkt der Belastungshandlung noch die Vertretungsberechtigung für die GbR hatte.
Die wesentlichen rechtlichen Fragen waren:
Das Gericht hob die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes teilweise auf, da die Löschung der alten Grundschuld unabhängig von der Eintragung der neuen erfolgen konnte. Im Übrigen wies es die Beschwerde zurück und bestätigte die Forderung des Grundbuchamts nach einem Nachweis der Vertretungsberechtigung.
Das KG Berlin entschied, dass eine Vollmacht, die ausdrücklich einer GbR erteilt wird, nicht automatisch so auszulegen ist, dass sie auch den einzelnen Gesellschaftern persönlich (unabhängig von ihrer Gesellschafterstellung zum Zeitpunkt der Vollmachtnutzung) gemeinschaftlich erteilt wurde.
Da die Vollmacht nur der GbR zusteht, muss nachgewiesen werden, dass die handelnden Personen (hier Herr V.) die GbR auch vertreten dürfen.
Wenn Sie eine GbR bevollmächtigen, denken Sie daran, dass die Vollmacht in der Regel nur der GbR und damit ihren aktuellen vertretungsberechtigten Gesellschaftern zusteht.
Im Grundbuchverkehr muss die Vertretung einer GbR, die für einen Dritten (z.B. den Grundstückseigentümer) handelt, formell korrekt (notariell beurkundet oder beglaubigt) nachgewiesen werden. Die Gesellschafter können nicht einfach selbst erklären, dass sie zur Vertretung befugt sind, wenn es darum geht, den Eigentümer zu binden. Dies soll den Eigentümer und die Sicherheit des Grundbuchs schützen.
Die Entscheidung des KG Berlin vom 26.11.2013 befasste sich mit zwei Hauptproblemen im Zusammenhang mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Grundbuchverfahren: der Auslegung einer Belastungsvollmacht zugunsten einer GbR und dem Nachweis der Vertretungsberechtigung der handelnden Gesellschafter.
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), das am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, ändert die Rechtslage und die Anforderungen im Grundbuchverkehr für die GbR erheblich, wodurch die im zitierten Beschluss aufgeworfenen Probleme in Zukunft grundlegend anders gehandhabt werden.
Die zentralen Änderungen, die die GbR und das Grundbuch betreffen, und somit die Bedeutung der KG-Entscheidung verschieben, sind:
Die beiden Leitsätze der KG-Entscheidung verlieren durch das MoPeG ihre praktische Relevanz oder werden entschärft:
Der Beschluss legt dar, dass eine Vollmacht zugunsten der „GbR“ nicht automatisch so auszulegen ist, dass auch die aktuellen Gesellschafter persönlich bevollmächtigt sind.
Der Beschluss verlangt, dass die Vertretungsberechtigung der für die GbR handelnden Gesellschafter in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden muss, da § 47 Abs. 2 GBO a.F. keine Nachweiserleichterung für die GbR als Vertreterin begründet.
Fazit:
Die im KG-Beschluss beleuchtete Problematik resultierte aus dem Fehlen eines öffentlichen Registers für die GbR. Das MoPeG beseitigt dieses strukturelle Problem durch die Einführung des Gesellschaftsregisters und der eGbR, wodurch die Vertretungsverhältnisse einer GbR im Grundbuchverkehr einfach, öffentlich und zuverlässig nachgewiesen werden können.
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