Auslegung eines eigenhändigen Testaments – Vermögen in Florida

Mai 7, 2020

Auslegung eines eigenhändigen Testaments – Vermögen in Florida

BGH Urteil 7.7.2004 – IV ZR 135/03

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 07. Juli 2004 – IV ZR 135/03 behandelt die Auslegung eines eigenhändigen Testaments,

insbesondere die Frage der Erbeinsetzung, die Zuweisung von Pflichtteilen an Abkömmlinge und die Gültigkeit der Verfügung über ein in Florida, USA, gelegenes Grundstück.

Kernaussagen des Urteils:

Auslegung einer Erbeinsetzung:

Eine Erbeinsetzung im Testament erfordert nicht zwingend, dass dem Erben der größte Teil des Nachlasses verbleibt.

Auch wenn ein Erbe nur einen kleineren Anteil des Nachlasses erhält, kann er als Erbe eingesetzt sein, wenn dies dem Willen des Erblassers entspricht.

Zuweisung des Pflichtteils:

Wenn der Erblasser seinen Kindern den gesetzlichen Pflichtteil im Testament zuweist, ist noch nicht abschließend geklärt,

ob sie auf den Pflichtteil beschränkt oder ob ihnen ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils zugedacht wurde.

Auslegung eines eigenhändigen Testaments – Vermögen in Florida

Dies hängt davon ab, ob der Erblasser die Kinder begünstigen wollte oder ihnen nur das gesetzlich Unentziehbare zuwenden wollte.

Verfügung über ein in Florida gelegenes Grundstück:

Ein deutscher Erblasser kann durch ein eigenhändiges Testament, das gemäß § 2247 BGB gültig ist, auch über ein in Florida gelegenes Grundstück verfügen.

Dies gilt trotz der Tatsache, dass die USA dem Haager Testamentsformübereinkommen nicht beigetreten sind und Florida eigenhändige Testamente nicht anerkennt.

Hierbei bleibt jedoch die formelle Wirksamkeit des Testaments nach deutschem Recht bestehen.

Fallhintergrund:

Die Klägerin, die Tochter des Erblassers, machte Pflichtteilsansprüche gegen zwei ehemalige Freundinnen des Erblassers geltend.

Diese hatten jeweils ein Kind mit dem Erblasser.

Der Erblasser hatte mit der Mutter der Klägerin einen notariellen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, der sich mit der Scheidung 1997 als unwirksam erwies.

Stattdessen trat ein eigenhändiges Testament des Erblassers vom 29. April 1997 in Kraft.

Das Testament regelte die Verteilung des Vermögens, darunter auch ein Grundstück in Florida und eine Finca auf Mallorca.

Auslegung eines eigenhändigen Testaments – Vermögen in Florida

Die Klägerin forderte zusätzliche Pflichtteilsansprüche, nachdem sie bereits 10.000 DM erhalten hatte.

Das Landgericht gab der Klage in vollem Umfang statt, das Berufungsgericht reduzierte die Summe auf 35.454,96 €.

Entscheidungsgründe:

Unwirksamkeit des Erbvertrags:

Der Erbvertrag wurde durch die Scheidung unwirksam, wodurch das eigenhändige Testament des Erblassers in Kraft trat.

Testamentsauslegung:

Das Berufungsgericht entschied, dass die Beklagten (die ehemaligen Freundinnen) als Erbinnen zu je 1/2 eingesetzt seien, während die Kinder des Erblassers (inklusive der Klägerin) keine Erben seien, sondern nur Pflichtanteile erhielten.

Formwirksamkeit des Testaments:

Das eigenhändige Testament war nach deutschem Recht formwirksam und damit auch für das in Florida gelegene Grundstück gültig,

da das Haager Testamentsformübereinkommen universell angewendet wird, auch auf nicht in Vertragsstaaten belegene Grundstücke.

Berechnung des Pflichtteilsanspruchs:
Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin sei unabhängig vom in Florida gelegenen Grundstück zu berechnen, da das deutsche Recht das Testament des Erblassers als formwirksam anerkennt.

Dadurch ergibt sich ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 1/6 des Nachlasswertes.

Auslegung eines eigenhändigen Testaments – Vermögen in Florida

Nachlassverbindlichkeiten:

Kosten im Zusammenhang mit dem Verkauf der Finca und der Nachlasspflegschaft wurden als Nachlasserbenschulden anerkannt und beeinflussten die Pflichtteilsberechnung.

Fazit:

Die Revisionen der Beklagten wurden zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht entschied rechtskräftig, dass der Klägerin ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/6 des Nachlasses zustand,

berechnet ohne das in Florida belegene Grundstück, wodurch ihr ein Betrag von 35.454,96 € zugesprochen wurde.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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