Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 08.2.1996 – 1Z BR 157/95
RA und Notar Krau
Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 8. Februar 1996 (1Z BR 157/95) befasst sich mit der Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments, das von einem Ehepaar errichtet wurde.
In diesem Testament hatte der Ehemann seine Ehefrau zu seiner Alleinerbin und die Ehefrau ihren Ehemann zu ihrem Vorerben sowie ihre beiden Söhne zu Nacherben bestimmt.
Für den Fall des gleichzeitigen Todes der Eheleute sollten die Söhne der Ehefrau alleine erben.
Der im Alter von 70 Jahren kinderlos verstorbene Ehemann war in zweiter Ehe verheiratet.
Seine Ehefrau hatte zwei Söhne aus einer früheren Beziehung mit in die Ehe gebracht.
Die beiden Söhne wuchsen im Haushalt der Mutter und des Erblassers auf.
Der wesentliche Vermögenswert des Paares war ein gemeinschaftlich erworbenes Hausgrundstück.
Das Testament vom 5. August 1974 bestimmte, dass die Ehefrau Alleinerbin des Ehemanns sein sollte, während der Ehemann Vorerbe und die beiden Söhne Nacherben der Ehefrau sein sollten.
Für den Fall ihres gleichzeitigen Todes setzten sie die Söhne der Ehefrau als alleinige Erben ein.
Die Ehefrau verstarb am 2. Dezember 1974, wodurch der Ehemann gemäß Testament Vorerbe und die Söhne Nacherben wurden.
Nach Ansicht des Nachlassgerichts hatten die Eheleute die Söhne nur für den Fall des gleichzeitigen Todes als Erben vorgesehen.
Da der Ehemann nach der Ehefrau verstarb, trat die gesetzliche Erbfolge ein, wodurch die Schwester und eine Nichte des Erblassers jeweils zur Hälfte erben sollten.
Das Nachlassgericht erteilte den beiden daraufhin Teilerbscheine.
Ein Antrag des älteren Sohnes auf Einziehung dieser Erbscheine wurde vom Nachlassgericht abgelehnt, das Landgericht hob diese Entscheidung jedoch auf.
Das Bayerische Oberste Landesgericht stellte fest, dass das Landgericht eine Lücke im Testament sah, da es keine Regelung für den Fall des Vorversterbens der Ehefrau enthielt.
Das Landgericht interpretierte das Testament dahingehend, dass das Vermögen der Eheleute nach dem Tod beider den Söhnen zufallen sollte, obwohl dieser Fall nicht explizit im Testament geregelt war.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hob die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache zur weiteren Klärung zurück.
Es kritisierte, dass das Landgericht bei seiner Auslegung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt habe.
Es sei zu prüfen, ob die Eheleute bewusst keine Ersatzerben bestimmt haben oder ob eine ergänzende Auslegung des Testaments zu einem hypothetischen Willen führen könnte, dass die Söhne auch im Fall des Vorversterbens der Ehefrau erben sollten.
Die ergänzende Auslegung könnte in Betracht kommen, wenn Anhaltspunkte für einen entsprechenden hypothetischen Willen im Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorlägen.
Eine solche Auslegung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Erblasser bewusst von einer Ersatzerbeneinsetzung abgesehen hat.
Das Landgericht muss daher weitere Ermittlungen anstellen, um den Willen der Eheleute zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung besser zu verstehen.
Dies könnte durch Befragung der Beteiligten und Prüfung weiterer relevanter Dokumente erfolgen.
Der Beschluss zeigt, wie komplex die Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments sein kann, insbesondere wenn es um die Bestimmung der Erbfolge in verschiedenen Szenarien geht.
Die sorgfältige Berücksichtigung des Wortlauts und der Umstände der Testamentserrichtung ist entscheidend, um den wahren Willen der Erblasser zu ermitteln.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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