Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments mit Unfallklausel – OLG Düsseldorf Beschluss vom 01. Juli 2015 – I 3 Wx 193/14
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Die Erblasser, ein Ehepaar, wurden am 04. Juli 2012 tot in ihrer gemeinsamen Wohnung aufgefunden.
Nach polizeilichen Ermittlungen und ärztlichen Angaben starb der Ehemann kurz vor seiner Frau.
Beide Ehepartner hinterließen ein gemeinschaftliches Testament vom 18. Januar 1983, das unter anderem eine Unfallklausel für den Fall ihres gleichzeitigen Todes enthielt.
Die testamentarische Regelung besagte, dass im Fall des gleichzeitigen Todes durch einen Unfall das Geld auf den Sparkonten des Ehemannes an dessen Tochter H. T. und das Geld auf den Konten der Ehefrau an deren Kinder E. G. und A. M. zu gleichen Teilen gehen sollte.
Der Rest des Nachlasses sollte zu gleichen Teilen unter den genannten Erben aufgeteilt werden.
Die Kosten der Bestattung sollten die jeweiligen Erben tragen.
Prozessverlauf
Nach dem Tod der Erblasserin beanspruchte der Ehemann der verstorbenen E. G., der Beteiligte zu 1, Erbscheine, die seine verstorbene Ehefrau als Alleinerbin ausweisen sollten.
Der Beteiligte zu 3, der Sohn der Erblasserin, hatte die Erbschaft ursprünglich ausgeschlagen, widerrief aber später seine Ausschlagungserklärung und behauptete, seine Schwester habe ihn falsch informiert, dass der Nachlass überschuldet sei.
Entscheidung des Amtsgerichts
Das Amtsgericht Oberhausen entschied zunächst zugunsten des Beteiligten zu 1 und stellte fest, dass die Erblasserin den Ehemann allein beerbt hatte.
Es argumentierte, dass die Unfallklausel nicht zur Anwendung komme, da die Erblasser nicht gleichzeitig gestorben seien und auch nicht durch einen Unfall ums Leben gekommen wären.
Der Ehemann sei vor der Ehefrau verstorben, was eine gesetzliche Erbfolge ausschloss.
Die Erbschaft des Beteiligten zu 3 wurde als unwirksam betrachtet.
Beschwerde der Beteiligten zu 2
Die Tochter des Erblassers, die Beteiligte zu 2, legte Beschwerde ein und argumentierte, dass der Todeszeitpunkt der Erblasser nicht eindeutig feststehe und die Unfallklausel daher anwendbar sei.
Sie beanspruchte das Geld auf dem Konto ihres Vaters gemäß der testamentarischen Regelung.
Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob den Beschluss des Amtsgerichts auf und wies den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 zurück.
Das Gericht stellte fest, dass die Formulierung „gleichzeitiger Tod durch einen Unfall“ im Testament nicht nur den Fall des exakt gleichen Todeszeitpunkts, sondern auch den Fall eines zeitnahen Ablebens der Ehegatten umfasst.
Die enge Auslegung des Amtsgerichts, wonach die Klausel nur bei einem wortwörtlich gleichzeitigen Tod greife, wurde als nicht interessengerecht und praxisfern angesehen.
Das Gericht erkannte an, dass die Eheleute eine Regelung für den Fall treffen wollten, dass der Überlebende keine eigene letztwillige Verfügung mehr treffen könne.
Daher sollten die Kinder der jeweiligen Ehepartner in diesem Fall erben.
Begründung
Das OLG Düsseldorf führte aus, dass die Testamentsauslegung den wirklichen Willen der Erblasser ermitteln solle, und nicht am buchstäblichen Wortlaut haften dürfe.
Eine weite Auslegung der Klausel sei geboten, um der Interessenlage der Erblasser gerecht zu werden.
Es sei sinnvoll und naheliegend, dass die Eheleute den Fall eines zeitnahen Ablebens regeln wollten, unabhängig davon, ob der Tod durch einen Unfall oder aus unterschiedlichen Ursachen erfolgte.
Die Formulierung „gleichzeitiger Tod durch einen Unfall“ sei daher als eine beispielhafte Nennung zu verstehen und solle auch ein zeitnahes Versterben erfassen.
Konsequenz
Durch die Entscheidung des OLG Düsseldorf wurden die Erbscheinsanträge der verstorbenen E. G. zurückgewiesen, und die testamentarische Verfügung zugunsten der Kinder aus den jeweiligen Ehen der Erblasser wurde anerkannt.
Dies führte dazu, dass die Beteiligte zu 2, die Tochter des Erblassers, das Geld auf dessen Sparkonto erbte, während das Geld auf dem Konto der Erblasserin an ihre Kinder E. G. und A. M. ging.
Der Beschluss des OLG Düsseldorf klärte die Auslegung einer Unfallklausel in einem gemeinschaftlichen Testament.
Das Gericht stellte fest, dass die Klausel auch bei einem zeitnahen Ableben der Ehegatten Anwendung findet und nicht nur bei einem exakt gleichzeitigen Todeszeitpunkt.
Diese Entscheidung betont die Bedeutung einer interessengerechten Testamentsauslegung, die den tatsächlichen Willen der Erblasser berücksichtigt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.