Auslegung eines Testaments – Einsetzung von Geschwistern des Ehegatten zu Erben – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 15. November 2000 – 1Z BR 116/00
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Die Erblasserin, eine Witwe, verstarb im Jahr 1999 und hinterließ ein handschriftliches Testament vom 30. September 1989.
Ihr Ehemann war bereits 1982 vorverstorben und hatte vier Geschwister, von denen zwei bereits 1964 bzw. 1986 verstorben waren.
Zum Zeitpunkt des Erbfalls lebten noch zwei halbbürtige Geschwister (Beteiligte zu 2 und 3).
Das Testament legte fest, dass die Enkelin der Erblasserin (Beteiligte zu 1) das Anwesen erben solle, es sei denn, sie habe kein Interesse daran.
In diesem Fall sollte der Erlös des Verkaufs des Anwesens in vier Teile aufgeteilt werden:
Teil: Enkelin (Beteiligte zu 1)
Teil: Geschwister und „Stiefbrüder“ der Erblasserin
Teil: Stiefgeschwister des Ehemanns
Teil: für das Grab (Gebühren, Erhaltung, Pflege und heilige Messen)
Entscheidungen der Vorinstanzen
Das Amtsgericht Landau (Isar) erteilte einen Erbschein, dem zufolge die Erblasserin von sechs Personen beerbt wurde, darunter die beiden halbbürtigen Geschwister des Ehemanns (Beteiligte zu 2 und 3).
Die Beteiligte zu 15, eine Tochter eines vorverstorbenen Bruders des Ehemanns der Erblasserin, beantragte die Einziehung dieses Erbscheins
und die Erteilung eines neuen, da ihrer Ansicht nach die Abkömmlinge der vorverstorbenen Geschwister (Beteiligte zu 7 bis 16) als Miterben eingesetzt werden sollten.
Das Amtsgericht wies diesen Antrag zurück, ebenso wie die Beschwerde der Beteiligten zu 15 durch das Landgericht Landshut, welches zudem anordnete, dass die Beteiligte zu 15 die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.
Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts
Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied, dass die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 15 zulässig, aber unbegründet sei.
Auslegung des Testaments:
Die Erblasserin hatte in Kenntnis des Todes zweier Geschwister ihres Ehemanns bei der Testamentserrichtung keine Regelungen für deren Abkömmlinge getroffen.
Die Auslegungsregel des § 2069 BGB, die unter bestimmten Umständen Abkömmlinge berücksichtigt, fand hier keine Anwendung, da die Erben bereits zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung verstorben waren.
Zeugenaussagen bestätigten nicht, dass die Erblasserin auch die Abkömmlinge der vorverstorbenen Geschwister bedacht haben wollte.
Kostenentscheidung:
Die Beteiligte zu 15 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, einschließlich der Auslagen der Beteiligten zu 2 und 3.
Geschäftswert:
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wurde auf DM 72.272,11 festgesetzt, entsprechend dem Erbteil, den die Beteiligte zu 15 beanspruchte.
Das Gericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Landshut, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Auslegung des Testaments
im Sinne einer Einsetzung der Abkömmlinge der vorverstorbenen Geschwister vorlagen.
Die Erblasserin hatte eindeutig nur die Geschwister und „Stiefgeschwister“ des Ehemanns bedacht, nicht jedoch deren Abkömmlinge.
Die Zeugenaussagen bestätigten diesen Willen der Erblasserin nicht hinreichend.
Das Bayerische Oberste Landesgericht stellte fest, dass das Testament eindeutig formuliert war und keine Berücksichtigung der Abkömmlinge der vorverstorbenen Geschwister vorsah.
Die Erblasserin hatte bewusst nur die lebenden Geschwister und Stiefgeschwister ihres Ehemanns als Erben bestimmt.
Die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Geschäftswerts wurden ebenfalls bestätigt.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.