Auslegung eines Testaments mit ausdrücklicher Ersatznacherbeneinsetzung – Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 9/93

November 15, 2020

Auslegung eines Testaments mit ausdrücklicher Ersatznacherbeneinsetzung – Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 9/93

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Einleitung
    • Hintergrund der Fallstudie
    • Ziel und Struktur der Analyse
  2. Grundlagen der Testamentsauslegung
    • Prinzipien der Testamentsauslegung nach deutschem Recht
    • Bedeutung von Vor- und Nacherbschaften
  3. Spezifische Auslegungsfragen
    • Verhältnis von Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft und Ersatznacherbeneinsetzung
    • Auswirkungen der Regelung des BGB § 2069 auf das Testament
  4. Testamentsanalyse und Entscheidung des Landgerichts Augsburg
    • Zusammenfassung der Entscheidung vom 28. September 1992
    • Begründung für die Aufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht
  5. Ausführliche Analyse des Bayerischen Obersten Landesgerichts
    • Auslegung des Testaments vom 18.1.1966
    • Interpretation der Ersatznacherbeneinsetzung und deren rechtliche Implikationen
    • Deutung des Erblasserwillens und seine rechtlichen Konsequenzen
  6. Rechtliche Diskussion und Perspektiven
    • Diskussion um die Anwendbarkeit der §§ 2069, 2096 und 2108 Abs. 2 BGB
    • Stellungnahme zu unterschiedlichen Auslegungsansätzen in der Fachliteratur
  7. Fazit und Ausblick
    • Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
    • Mögliche zukünftige Entwicklungen in der Testamentsauslegung

Auslegung eines Testaments mit ausdrücklicher Ersatznacherbeneinsetzung – Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 9/93

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte in ihrem Testament vom 18.01.1966 ihren Sohn R als Vorerben und ihre anderen Kinder U, E, T und F als Nacherben zu gleichen Teilen eingesetzt.

Sie bestimmte weiter: „Als Ersatznacherben sollen die übrigen Nacherben zu gleichen Anteilen sein.“ T verstarb vor dem Vorerben und hinterließ drei Kinder (die Beteiligten zu 1, 2 und 3).

Streitig war, ob die Kinder der T gemäß § 2069 BGB als Ersatznacherben an die Stelle ihrer Mutter treten oder ob die übrigen Geschwister der T als Ersatznacherben zu berücksichtigen sind.

Rechtliche Würdigung:

Das Bayerische Oberste Landesgericht hob den Beschluss des Landgerichts Augsburg auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Begründung:

  • Auslegungsbedürftigkeit: Das Testament ist hinsichtlich der Ersatznacherbfolge nicht eindeutig. Es lässt sowohl die Auslegung zu, dass die übrigen Nacherben in jedem Fall eintreten, als auch die Auslegung, dass die Ersatznacherbfolge erst eintritt, wenn der ganze Stamm eines Nacherben ausfällt.
  • Ermittlung des Erblasserwillens: Die Auslegung des Testaments hat sich am konkreten Erblasserwillen zu orientieren.
  • Verhältnis § 2069 BGB zu ausdrücklicher Ersatznacherbeneinsetzung: Es gibt keine allgemeine Regel, ob ein ausdrücklich berufener Ersatzerbe (§ 2096 BGB) den nach § 2069 BGB berufenen Abkömmlingen vorgeht. Entscheidend ist der im Einzelfall zu ermittelnde Erblasserwille.
  • Umstände des Einzelfalls: Im vorliegenden Fall sprechen mehrere Umstände dafür, dass die Erblasserin die Auslegungsregel des § 2069 BGB anwenden wollte:
    • Die Erblasserin hat im Testament alle ihre Abkömmlinge bedacht.
    • Sie wollte die Stämme ihrer Kinder gleich behandeln.
    • Es ist davon auszugehen, dass sie sich bei der Testamentserrichtung von der damals herrschenden Meinung in der Literatur leiten ließ, wonach § 2069 BGB Vorrang vor § 2096 BGB hat.

Auslegung eines Testaments mit ausdrücklicher Ersatznacherbeneinsetzung – Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 9/93

Hinweise für das Landgericht:

Das Bayerische Oberste Landesgericht gab dem Landgericht folgende Hinweise für die erneute Entscheidung:

  • Anhörung des Notars: Der Notar, der das Testament beurkundet hat, soll zu den Absichten der Erblasserin angehört werden.
  • Weitere Ermittlungen: Es sind weitere Ermittlungen zum Erblasserwillen anzustellen.
  • Vermächtnisse: Die im Testament angeordneten Vermächtnisse sprechen nicht gegen die Anwendung des § 2069 BGB.
  • Motiv der Erblasserin: Das Landgericht soll berücksichtigen, dass die Erblasserin möglicherweise verhindern wollte, dass die Tochter des Vorerben aus dessen geschiedener Ehe erbt.

Fazit:

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der Auslegung von Testamenten mit Ersatznacherbeneinsetzung.

Es gibt keine allgemeinen Regeln, sondern es ist stets der konkrete Erblasserwille zu ermitteln.

Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Erblasser die gesetzliche Regelung des § 2069 BGB anwenden wollte.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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