Auslegung Erbvertrag Umschreibung Erbbaurecht

Juli 16, 2017

Auslegung Erbvertrag Umschreibung Erbbaurecht

OLG Düsseldorf I-3 Wx 307/16

RA und Notar Krau

Die Beteiligte ist eingetragene Erbbauberechtigte eines Grundstücks.

Sie war zunächst Inhaberin eines hälftigen Anteils an dem Erbbaurecht, die andere Hälfte gehörte ihrem Ehemann.

Die Eheleute hatten 1995 einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig zu „unbefreiten“ Vorerben und ihre Kinder zu Nacherben einsetzten.

Der Erbvertrag:

Auslegung Erbvertrag Umschreibung Erbbaurecht

  • Ziffer II: Die Eheleute setzten sich gegenseitig als „alleinige, unbefreite Vorerben“ ein.
  • Ziffer III: Der Erstversterbende vermachte dem Längstlebenden sein gesamtes bewegliches Vermögen „zum unbeschränkten Eigentum, also ohne Beschränkung durch die angeordnete Nacherbschaft“.
  • Ziffer IV: Der Überlebende setzte die Kinder zu seinen Erben ein.
  • Ziffer VI: Der Überlebende behielt sich das Recht vor, die Verfügungen in Ziffer IV. zu ändern und sollte „jederzeit frei unter Lebenden und von Todes wegen über das eigene und das ererbte Vermögen verfügen“ können.

Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Beteiligte die Umschreibung seines Anteils am Erbbaurecht auf ihren Namen und die Eintragung eines Nacherbenvermerks, was auch geschah.

Der Antrag auf Grundbuchberichtigung:

Auslegung Erbvertrag Umschreibung Erbbaurecht

Jahre später beantragte der Betreuer der Beteiligten (ihr Sohn) eine Grundbuchberichtigung.

Er argumentierte, die Bezeichnung als „unbefreite“ Vorerben in Ziffer II des Erbvertrages sei durch Ziffer VI wieder aufgehoben worden.

Hintergrund war der Wunsch, das mit dem Erbbaurecht verbundene Haus zu verkaufen, um die Heimkosten der Beteiligten zu decken.

Der Verkauf wurde jedoch von der Schwester des Betreuers (und Tochter der Beteiligten) als Nacherbin „blockiert“.

Die Entscheidung des Grundbuchamts:

Das Grundbuchamt wies den Antrag auf Grundbuchberichtigung zurück.

Es argumentierte, dass Ziffer VI des Erbvertrages sich nur auf Ziffer IV beziehe und die Regelung in Ziffer II unberührt lasse.

Die Beschwerde:

Auslegung Erbvertrag Umschreibung Erbbaurecht

Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten legten Beschwerde gegen die Entscheidung des Grundbuchamts ein.

Sie argumentierten, dass nach § 2137 Abs. 2 BGB im Zweifel davon auszugehen sei, dass der Vorerbe von allen Beschränkungen befreit sei,

wenn der Erblasser ihm die freie Verfügung über die Erbschaft gestattet habe.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf:

Das OLG Düsseldorf wies die Beschwerde zurück.

Es führte aus, dass die Beteiligte auf dem Beschwerdeweg ihr Ziel (die Berichtigung des Grundbuchs) nicht erreichen könne.

Eine Beschwerde sei in diesem Fall nur beschränkt zulässig, da sie sich gegen die angeblich von Anfang an unrichtige Eintragung richte.

In der Sache sei die Beschwerde unbegründet, da eine Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht festgestellt werden könne.

Aus dem Erbvertrag ergebe sich nicht, dass der überlebende Ehegatte „befreiter“ Vorerbe sein sollte.

Auslegung Erbvertrag Umschreibung Erbbaurecht

Es sei durch Auslegung zu ermitteln, ob der Erblasser den Vorerben ganz oder teilweise befreien wollte.

Nur wenn sich dies nicht eindeutig klären lasse, greife die Auslegungsregel des § 2137 Abs. 2 BGB.

Im vorliegenden Fall hätten die Eheleute in Ziffer II des Erbvertrages den Überlebenden ausdrücklich als „unbefreiten“ Vorerben eingesetzt.

Ziffer VI stehe dem nicht entgegen.

Die Regelung in Ziffer III spreche dafür, dass der Längstlebende nur über das „ererbte“ bewegliche Vermögen frei verfügen sollte.

Es könne nicht angenommen werden, dass die Eheleute in Bezug auf das Erbbaurecht eine Befreiung von den Beschränkungen gewollt hätten.

Die Beteiligte habe dies offenbar auch selbst so gesehen, da sie seinerzeit die Eintragung eines Nacherbenvermerks beantragt habe, nicht aber den Vermerk, dass sie befreite Vorerbin sei.

Da eine Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nachgewiesen sei, sei die Beschwerde zurückzuweisen.

Kernaussagen:

  • Die Auslegung eines Erbvertrages erfolgt durch individuelle Auslegung.
  • Die Auslegungsregel des § 2137 Abs. 2 BGB greift nur, wenn sich der Wille des Erblassers nicht eindeutig ermitteln lässt.
  • Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Vorerbe nicht befreit ist.
  • Das Verhalten der Beteiligten nach dem Tod des Erblassers kann für die Auslegung des Erbvertrages relevant sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das OLG Düsseldorf die Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen hat,

da aus dem Erbvertrag nicht eindeutig hervorging, dass sie als befreite Vorerbin eingesetzt wurde.
Die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht die Bedeutung der individuellen Auslegung von Erbverträgen
und die Relevanz des Verhaltens der Beteiligten für die Ermittlung des Erblasserwillens.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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