Auslegung gemeinschaftliches Testament leibliche Nachkommen

Mai 8, 2020

Auslegung gemeinschaftliches Testament leibliche Nachkommen

BGH Urteil 7.10.1992 – IV ZR 160/91

RA und Notar Krau

Das Urteil des Bundesgerichtshofs befasst sich mit der Auslegung

eines gemeinschaftlichen Testaments und der Frage, ob die leiblichen Nachkommen der Söhne der Erblasser als Mit- oder Nacherben eingesetzt wurden.

Sachverhalt

Die Klägerinnen sind die Töchter des Beklagten zu 1) und somit die Enkelinnen der Erblasser.

Die Beklagten zu 1) und 2) sind Brüder und die Söhne der Erblasser.

Die Eltern der Beklagten errichteten am 16. Oktober 1961 ein gemeinschaftliches Testament.

Dabei schrieb die Mutter (Erblasserin) eigenhändig folgenden Text:


„Unser letzter Wille


Wir, die Eheleute …, setzen uns hiermit gegenseitig zum alleinigen Erben ein.

Nach dem Tode des Überlebenden soll unser gemeinsames Eigentum auf unsere beiden Söhne … (die namentlich benannten Beklagten) und auf ihre leiblichen Nachkommen zu gleichen Teilen zufallen.“


Das Testament trägt die Unterschrift der Mutter und darunter diejenige des Vaters.

Auslegung gemeinschaftliches Testament leibliche Nachkommen

Der Vater der Beklagten verstarb kurz nach der Testamentserrichtung, und die Mutter erbte allein.

Nach dem Tod der Mutter am 1. Oktober 1988 wurden die Parteien durch einen Erbschein als Erben zu je einem Viertel ausgewiesen.

Die Klägerinnen fordern als vorgebliche Miterben Auskünfte und Zahlungen von den Beklagten, insbesondere bezüglich des Erlöses aus dem Verkauf eines Grundstücks der Großmutter.

Die Beklagten argumentieren, dass der Erbschein unrichtig sei und die Klägerinnen lediglich als Nacherben eingesetzt sein sollten.

Vorinstanzen


Das Landgericht Köln verurteilte die Beklagten zu Auskünften und Zahlungen.

Das Oberlandesgericht Köln wies die Berufung der Beklagten zurück und erweiterte die Auskunftspflicht des Beklagten zu 1).

Entscheidungsgründe des BGH


Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist die Sache zurück.

Auslegung des Testaments:

Das Berufungsgericht hat die Klägerinnen als Miterben angesehen und ihnen auf dieser Grundlage Ansprüche zugebilligt.

Auslegung gemeinschaftliches Testament leibliche Nachkommen

Es stützte sich auf den Wortlaut des Testaments, der nach seiner Auffassung eindeutig sei.


Der BGH betont dagegen, dass bei der Auslegung des Testaments der wirkliche Wille der Erblasser zu erforschen ist (§ 133 BGB) und nicht nur der Wortlaut maßgeblich ist.

Alle äußeren Umstände, die den Willen der Erblasser aufdecken können, müssen berücksichtigt werden.
Gemeinschaftliches Testament:

Der BGH stellt klar, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament der übereinstimmende Wille beider Ehegatten maßgeblich ist.


Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten, die Erblasserin habe nur ihre Söhne als Erben angesehen, nicht ausreichend berücksichtigt.

Dieser Umstand hätte als Hinweis auf den Willen des verstorbenen Ehemannes dienen können.


Wortlaut des Testaments:

Der BGH widerspricht der Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Wortlaut eindeutig sei.

Der Begriff „leibliche Nachkommen“ könne auch alle weiteren Nachkommen umfassen, und der Wortlaut schließe nicht zwingend eine Nacherbschaft aus.


Es sei zu prüfen, ob die Erblasser gewollt haben, dass das Vermögen zunächst ihren Kindern und später den weiteren Nachkommen zufallen solle,

was durch eine Kombination von Vor- und Nacherbschaft erreicht werden könne.

Auslegung gemeinschaftliches Testament leibliche Nachkommen

Weitere Umstände:

Der BGH verweist darauf, dass die Verteilung des Erlöses aus dem Grundstücksverkauf und der Inhalt eines undatierten Abschiedsbriefes der Erblasserin darauf hindeuten könnten,

dass die Erblasserin ihre Söhne als ihre unmittelbaren Erben ansah und die Enkelinnen nicht unmittelbar berücksichtigen wollte.

Schlussfolgerung und weitere Schritte

Das Berufungsgericht muss die Verfügung der Erblasserin im gemeinschaftlichen Testament erneut auslegen.

Dabei sind alle relevanten Umstände, einschließlich der Nachlassakten, zu berücksichtigen.

Der Erbschein, der die Klägerinnen als Miterben ausweist, hat für die Auslegung keine bindende Bedeutung, könnte aber zusätzliche Hinweise liefern.

Kommentar RA und Notar Krau

Hände weg vom selbstgeschriebenen Laientestament!

Gehen Sie mit Ihrem letzten Willen zum Notar!

Im hiesigen Fall wurden zwar zunächst einige wenige Euro durch die „Heimarbeit“ gespart.

Das hat den Erben dann am Ende aufgrund der durch Laienarbeit entstandenen Unklarheiten satte fünfstellige Prozesskosten beschert.

Prozessieren bis zum Bundesgerichtshof ist wirtschaftlich kein Ponyhof und Erbrecht ist in der Regel nicht rechtschutzversicherbar.

„Papa, Dein Nachlass ist bei den Prozessanwälten und bei den Gerichtskosten draufgegangen….“

Dafür hat Papa ein Leben lang gearbeitet und gespart.

„Geld sparen“ geht aber am Ende anders!

Wer immer billige Schuhe kauft, hat am Ende kaputte Füße und zahlt letztlich mehr.

Qualität und Rechtssicherheit liefert der Deutsche Notar.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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