Auslegung Testament letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit
BGH IV ZB 15/16
Zur ergänzenden Testamentsauslegung,
Wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte,
ist im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers
auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen sollte.
Die Erblasserin errichtete ein Testament, in dem sie ihr Hausgrundstück inklusive Einrichtung ihrem Lebensgefährten
auf Lebenszeit zur Nutzung überließ und nach dessen Tod ihrer Großnichte zukommen lassen wollte.
Ihr restliches Vermögen verteilte sie ebenfalls durch Zuwendungen.
Nach der Testamentserrichtung erbte die Erblasserin unerwartet ein beträchtliches Vermögen.
Es entstand Streit darüber, wer Erbe geworden ist: der Bruder der Erblasserin aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder die Großnichte als Alleinerbin aufgrund des Testaments.
Kernaussagen des Beschlusses:
Detaillierte Darstellung des Beschlusses:
Das Oberlandesgericht hatte das Testament dahingehend ausgelegt, dass die Großnichte zunächst Alleinerbin geworden sei, da sie den wertmäßig größten Teil des Vermögens erhalten sollte.
Durch den späteren Vermögenserwerb sei jedoch eine ergänzende Auslegung erforderlich, die zu einer Teilerbeinsetzung führe.
Der BGH beanstandete diese Auslegung, da sie auf unzureichenden Feststellungen beruhte.
Eine ergänzende Testamentsauslegung setzt voraus, dass das Testament eine ungewollte Regelungslücke aufweist.
Im Streitfall war zu prüfen, ob die Erbeinsetzung der Großnichte nach dem Regelungsplan der Erblasserin auch den späteren Vermögenserwerb erfassen sollte.
Das Oberlandesgericht hatte diese Prüfung nicht vorgenommen.
Kann eine Regelungslücke festgestellt werden, ist zu prüfen, ob ein hypothetischer Wille der Erblasserin ermittelt werden kann, der die Lücke schließen könnte.
Das Oberlandesgericht hatte dies ebenfalls nicht getan, sondern lediglich auf den tatsächlichen Willen der Erblasserin abgestellt.
Der BGH konnte die Auslegung des Testaments nicht selbst vornehmen, da die Feststellungen des Oberlandesgerichts unzureichend waren.
Es fehlten Feststellungen zum Regelungsplan der Erblasserin und zu ihrem hypothetischen Willen.
Der BGH verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Oberlandesgericht zurück.
Sollte das Oberlandesgericht keine weiteren Feststellungen treffen können, bliebe es bei der Erbeinsetzung, wie sie sich aus der Auslegung des Testaments ergibt.
Fazit:
Der Beschluss des BGH verdeutlicht die Voraussetzungen und Grenzen der ergänzenden Testamentsauslegung.
Er zeigt, dass im Falle eines unvorhergesehenen Vermögenserwerbs nach Testamentserrichtung sorgfältig geprüft werden muss,
ob das Testament eine Regelungslücke aufweist und ob ein hypothetischer Wille des Erblassers ermittelt werden kann, der die Lücke schließen könnte.
Zusätzliche Anmerkungen:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.