Auslegung Testament mit Konditionalsatz

August 15, 2017
OLG München 31 Wx 244/11
Beschluss v. 15.05.2012,

RA und Notar Krau

Ein Erblasser hatte in einem eigenhändigen Testament verfügt:

„Sollte mir bei der Gallenoperation etwas zustoßen, bekommt Frau A. L. meine 2 Sparbücher und den Bauplatz in A.“.

Die im Testament genannte Frau war seine Lebensgefährtin

Er überlebte die Operation und verstarb erst Jahre später.

Seine Lebensgefährtin beantragte einen Alleinerbschein, die Verwandten des Erblassers

waren jedoch der Ansicht, das Testament sei nur für den Fall des Todes während der Operation wirksam.

Auslegung Testament mit Konditionalsatz

Entscheidung des OLG München:

Das OLG München gab der Beschwerde der Lebensgefährtin statt und wies das Nachlassgericht an, ihr den Alleinerbschein zu erteilen.

Begründung:

  1. Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände:
  • Das OLG stellte fest, dass die Zuwendung einzelner Gegenstände im Zweifel als Vermächtnis und nicht als Erbeinsetzung gilt.
  • Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser aber praktisch sein gesamtes Vermögen seiner Lebensgefährtin zugewandt. Dies spreche dafür, dass er sie als Alleinerbin einsetzen wollte.
  1. Auslegung des Konditionalsatzes:
  • Der Konditionalsatz „Sollte mir bei der Gallenoperation etwas zustoßen“ war auslegungsbedürftig.
  • Es stellte sich die Frage, ob der Erblasser die Erbeinsetzung von einer Bedingung (Tod während der Operation) abhängig machen oder nur den Anlass der Testamentserrichtung ausdrücken wollte.
  • Das OLG entschied, dass der Erblasser in der Regel mit einer solchen Formulierung lediglich sein Motiv für die Testamentserrichtung zum Ausdruck bringen wolle.
  • Nur ausnahmsweise liege eine echte Bedingung vor, wenn der Erblasser die Erbeinsetzung ausdrücklich vom Tod anlässlich des genannten Ereignisses abhängig machen wollte.
  1. Keine Bedingung im vorliegenden Fall:
  • Im vorliegenden Fall gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser die Erbeinsetzung seiner Lebensgefährtin vom Ausgang der Operation abhängig machen wollte.
  • Die Errichtung des Testaments im Krankenhaus lasse nicht den zwingenden Schluss auf eine solche Bedingung zu.
  • Der Erblasser habe lediglich die bevorstehende Operation zum Anlass genommen, seine Rechtsnachfolge zu regeln.

Auslegung Testament mit Konditionalsatz

Fazit:

Das OLG München entschied, dass der Konditionalsatz im Testament des Erblassers

nicht als Bedingung für die Erbeinsetzung seiner Lebensgefährtin zu verstehen war, sondern lediglich das Motiv für die Testamentserrichtung ausdrückte.

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der Testamentsauslegung, um den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln.

Zusätzliche Hinweise:

  • Die Entscheidung des OLG München zeigt, dass Konditionalsätze in Testamenten sorgfältig formuliert werden sollten, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Die Entscheidung stellt klar, dass die Errichtung eines Testaments im Krankenhaus nicht automatisch bedeutet, dass die darin enthaltenen Verfügungen nur für den Fall des Todes während des Krankenhausaufenthalts gelten sollen.
  • Die Entscheidung betont die Bedeutung der individuellen Auslegung des Testaments, um den Willen des Erblassers zu ermitteln.
RA und Notar Krau

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