Auslegung TV-L – Wege- und Rüstzeiten eines Wachpolizisten – BAG Urteil vom 31.3.2021 – 5 AZR 148/20
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied am 31. März 2021 über die Frage der Vergütungspflicht von Rüst-, Wege- und Umwegezeiten eines Wachpolizisten, der nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) beschäftigt ist.
Der Kläger, ein Wachpolizist des Landes Berlin, beanspruchte eine Vergütung für die Zeiten, die er für das Anlegen und Ablegen der Dienstwaffe sowie für den Umweg zu einem dienstlichen Waffenschließfach außerhalb seines Einsatzortes benötigte.
Das BAG stellte fest, dass das Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück im Allgemeinen keine vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellt.
Allerdings sind die Umwegezeiten vergütungspflichtig, wenn ein Wachpolizist auf Weisung des Arbeitgebers den Dienst mit einer streifenfertigen Dienstwaffe anzutreten hat und dafür ein dienstliches Waffenschließfach außerhalb seines Dienstortes aufsuchen muss.
Diese Umwegezeiten gelten als vergütungspflichtige Zusammenhangstätigkeit.
Der Kläger war als Wachpolizist im Zentralen Objektschutz (ZOS) des Landes Berlin beschäftigt und musste seinen Dienst in vollständiger Uniform und mit streifenfertiger Dienstwaffe antreten.
Aufgrund einer Dienstanweisung des beklagten Landes musste jeder Wachpolizist seine Dienstwaffe in einem dienstlichen Waffenschließfach in der Dienststelle des ZOS oder in einem Polizeiabschnitt verwahren.
Der Kläger forderte die Vergütung der Zeiten, die er für das Entnehmen, Laden, Entladen sowie das An- und Ablegen der Dienstwaffe benötigte, sowie der Umwegezeiten, die durch das Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs entstanden.
Verfahrensgang
Das Arbeitsgericht Berlin hatte dem Kläger eine Zeitgutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto zugesprochen, im Übrigen aber die Klage abgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte teilweise zugunsten des Klägers entschieden, insbesondere hinsichtlich der Umwegezeiten zum dienstlichen Waffenschließfach.
Beide Parteien legten Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ein.
Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts
Wegezeiten von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück:
Das BAG bestätigte, dass diese Zeiten keine vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellen.
Diese Wegezeiten zählen zur privaten Lebensführung und dienen nicht ausschließlich dem Interesse des Arbeitgebers.
Umwegezeiten zum dienstlichen Waffenschließfach:
Das BAG entschied, dass diese Zeiten vergütungspflichtig sind, da sie im unmittelbaren Zusammenhang mit der geschuldeten Arbeitsleistung des Wachpolizisten stehen.
Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, dienstliche Schusswaffen zu Hause aufzubewahren.
Daher ist der Umweg zum Waffenschließfach eine ausschließlich fremdnützige Zusammenhangstätigkeit.
Schätzung der Umwegezeiten:
Das BAG bestätigte die Schätzung des Landesarbeitsgerichts, das die Umwegezeiten auf Basis objektiver Maßstäbe und unter Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit des Klägers vorgenommen hatte.
Diese Schätzung umfasst auch die Zeit für das Aufsuchen des Waffenschließfachs und das An- und Ablegen sowie das Laden und Entladen der Dienstwaffe.
Ausschlussfrist gemäß § 37 TV-L:
Die Ansprüche des Klägers auf Vergütung der Umwegezeiten ab dem 1. Mai 2017 seien nicht verfallen, da er diese rechtzeitig geltend gemacht hatte.
Die Geltendmachung einer Forderung erfordert, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet wird.
Tenor des Urteils
Das BAG wies die Revisionen beider Parteien zurück.
Die Revision des Klägers war teilweise unzulässig, soweit sie Ansprüche vor dem 1. Juli 2016 betraf, da diese Ansprüche gemäß § 37 Abs. 1 TV-L verfallen waren.
Soweit die Revision des Klägers zulässig war, wurde sie als unbegründet zurückgewiesen, da die Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort bzw. Dienstantrittsort und Schutzobjekt keine vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellen.
Die Revision des beklagten Landes wurde ebenfalls zurückgewiesen, da die Umwegezeiten zum dienstlichen Waffenschließfach als vergütungspflichtige Arbeitszeit anerkannt wurden.
Die Kosten des Revisionsverfahrens wurden zu 70 % dem Kläger und zu 30 % dem beklagten Land auferlegt.
Dieses Urteil verdeutlicht die Abgrenzung zwischen privater Wegezeit und vergütungspflichtiger Arbeitszeit im Kontext von Umwegezeiten, die durch Weisungen des Arbeitgebers entstehen.
Es bestätigt die Verpflichtung des Arbeitgebers, zusätzliche Aufwendungen zu vergüten, die unmittelbar mit der Ausführung der dienstlichen Pflichten verbunden sind.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.