Auslegung Vermächtnis dingliches Wohnrecht oder schuldrechtliches Nutzungsrecht

September 18, 2017

Auslegung Vermächtnis dingliches Wohnrecht oder schuldrechtliches Nutzungsrecht

OLG Schleswig 3 U 16/13

Privatschriftliches Testament

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Kläger verlangte vom Beklagten die Herausgabe einer Wohnung, die dieser aufgrund eines Vermächtnisses der Erblasserin bewohnte.

Im Testament war festgelegt, dass der Beklagte die Wohnung „bis an sein Lebensende mietfrei bewohnen“ dürfe.

Der Beklagte hatte jedoch über Jahre die Nebenkosten nicht gezahlt, woraufhin der Kläger das Wohnrecht kündigte.

Streitig war, ob es sich bei dem Vermächtnis um ein dingliches Wohnrecht oder ein schuldrechtliches Nutzungsrecht handelte und ob die Kündigung wirksam war.

Tenor:

Auslegung Vermächtnis dingliches Wohnrecht oder schuldrechtliches Nutzungsrecht

Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen.

Ihm wurde eine Räumungsfrist von drei Monaten gewährt.

Entscheidungsgründe:

I. Schuldrechtliches Nutzungsrecht:

  • Das Landgericht ging von einem schuldrechtlichen Nutzungsrecht aus und gab der Klage statt.
  • Die Kündigung des Nutzungsverhältnisses durch den Kläger war wirksam, da der Beklagte die Nebenkosten nicht zahlte.
  • Der Beklagte hatte keinen Anspruch auf Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des Nutzungsverhältnisses.

II. Dingliches Wohnrecht:

  • Das OLG neigte dazu, das Vermächtnis als dingliches Wohnrecht auszulegen.
  • Bei der Auslegung eines Testaments ist der wahre Wille des Erblassers zu ermitteln.
  • Die Formulierung „bis an sein Lebensende mietfrei bewohnen“ spricht für die Annahme eines dinglichen Wohnrechts.
  • Auch die Lebenserfahrung spricht dafür, dass die Erblasserin den Beklagten absichern wollte, was für ein dingliches Wohnrecht spricht.

III. Herausgabeanspruch trotz dinglichem Wohnrecht:

  • Selbst wenn ein dingliches Wohnrecht vorläge, wäre der
    Herausgabeanspruch des Klägers gerechtfertigt.
  • Das Wohnrecht war mangels Eintragung im Grundbuch noch nicht
    entstanden.
  • Der Vermächtnisanspruch des Beklagten war nicht verjährt.
  • Dem Kläger stand jedoch ein Zurückbehaltungsrecht wegen der
    unbezahlten Nebenkosten zu.
  • Der Beklagte hatte keinen Anspruch auf Ausgleich für die Nichtnutzung
    des Wohnrechts, da ihm kein Recht entzogen wurde.

IV. Räumungsfrist:

  • Dem Beklagten wurde eine Räumungsfrist von drei Monaten gewährt.

Konsequenzen für die Praxis:

  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Auslegung von
    Testamenten bei der Bestimmung des Umfangs von Wohnrechten.
  • Es zeigt, dass auch bei einem dinglichen Wohnrecht ein
    Herausgabeanspruch bestehen kann, wenn der Berechtigte seinen
    Pflichten nicht nachkommt.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Gestaltung von
    Testamenten und die Durchsetzung von
    Wohnrechten.

Auslegung Vermächtnis dingliches Wohnrecht oder schuldrechtliches Nutzungsrecht

Zusätzliche Hinweise:

  • Das Urteil befasst sich mit der Abgrenzung zwischen dinglichen und
    schuldrechtlichen Wohnrechten.
  • Es beleuchtet die Bedeutung der
    Lebenserfahrung bei der
    Auslegung von Testamenten.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis der
    Nachlassabwicklung und die
    Beilegung von
    Streitigkeiten im
    Zusammenhang mit
    Wohnrechten.

Wichtige Punkte in Kürze:

  • Die Auslegung eines Testaments muss dem wahren Willen des Erblassers
    entsprechen.
  • Ein dingliches Wohnrecht bietet dem Berechtigten mehr Schutz als ein
    schuldrechtliches Nutzungsrecht.
  • Ein Zurückbehaltungsrecht kann die Durchsetzung eines
    Herausgabeanspruchs ermöglichen.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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